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Gerade in der Krise muss die Bildungswende eingeleitet werden.
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Diese Sommerferien haben sich Schüler, Lehrer und Eltern redlich verdient. Zwei Jahre im Corona-Krisenmodus stecken allen tief in den Knochen, viel mehr noch in den Nerven. Was an Kreativität, Einsatz und Flexibilität allen abverlangt wurde, war enorm. Schade, dass in der Bildungspolitik nicht dieselbe Kreativität, derselbe Einsatz und dieselbe Flexibilität gezeigt wurden. Gerade in Krisenzeiten verharrt die Bildungspolitik im reinen Krisenmodus. Auch das jüngste Interview des Bildungsministers ließ wenig Hoffnung auf eine zukunftsgerichtete Reformagenda zu. Dabei wäre diese dringend notwendig.
In seiner historischen Rede benutzte der deutsche Kanzler Olaf Scholz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine den Begriff "Zeitenwende". Es ist zu kurz gedacht, diesen Begriff nur auf sicherheitspolitische Überlegungen zu verengen. Denn auch in den Corona-Krisenjahren wurde offensichtlich, was nicht gut läuft in österreichischen Schulen. Wir haben bitter lernen müssen, dass Chancengerechtigkeit nach wie vor nicht gegeben ist. Wir haben lernen müssen, dass unsere Schulen, die Verwaltung und auch viele Lehrerinnen und Lehrer nicht gerüstet genug sind für ein digitales Zeitalter. Wir haben lernen müssen, dass der soziale Raum Schule mehr ist als Lernen, und wie schlecht es um die psychische Gesundheit unserer Kinder bestellt ist.
In Zeiten einer drohenden Wirtschaftskrise, die gleichzeitig mit einer ungeheuren Transformation der Wirtschaft einhergeht, braucht es Tatkraft und Aktion, um die Weichen für den zukünftigen Erfolg unseres Landes zu stellen. Österreich verfügt über tüchtige, gut ausgebildete Menschen, und dennoch bestätigt gerade wieder eine Studie der Universität Wien, dass es dem österreichischen Bildungssystem nicht gelingt, eine Benachteiligung nach sozialer Herkunft zu vermeiden. "Kein Kind zurücklassen" - dieser Appell bleibt so weiterhin ungehört.
Aber kann Österreich auf das Potenzial eines großen Teils der Jungen verzichten? In allen Bereichen der Privatwirtschaft wie auch des öffentlichen Dienstes herrscht ein Fachkräftemangel. Österreich ist gerade auch für exzellente Forscherinnen und Forscher kein attraktives Zuzugsland. Was aber sind die Grundlagen des Wohlstands unseres Landes der Zukunft? Doch allein die Bildung und Ausbildung unserer Kinder und innovatives Unternehmertum! Das sind Österreichs kostbare Rohstoffe, und gerade hier betreibt die Bundesregierung Zukunftsraub.
Es ist also hoch an der Zeit, den verdienten Sommer nicht nur zur Erholung zu nutzen, sondern dafür, den Blick in jene Länder zu wenden, die schon lange eine Bildungswende vollzogen haben - mit Schulautonomie, Kompetenzorientierung, stärkerer Bildungsgerechtigkeit und Exzellenz. Angefangen mit einer deutlichen Aufwertung und Stärkung von Kindergärten und Pädagoginnen und Pädagogen über das Fördern und Fordern von Persönlichkeitsentwicklung und sozialen Kompetenzen bis hin zu einem modernen und attraktiven Berufsumfeld für Lehrerinnen und Lehrer.
Utopien sind das keine, aber ein Umdenken muss erfolgen. Die Bildungswende muss jetzt eingeleitet werden.
Jeden Dienstag lesen Sie
an dieser Stelle den
Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.