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Eine Zitterpartie bis zum Schluss

Von Brigitte Pechar

Politik

Einigung über Mitbestimmung. | Finanzierung und Standortfrage noch offen. | ÖVP beharrt: Keine neue Schulform. | Wien. Am Montag hatte es den Anschein, dass sich die Hauptverhandler in der Gesamtschuldebatte, Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsminister Johannes Hahn, doch noch zu einem Kompromiss durchringen können.


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Zuvor war Schmied über ein ÖVP-Papier empört, das ihr am 1. November übermittelt worden war und ihre Kompetenzen zugunsten von Finanzminister Wilhelm Molterer in Schulfragen massiv beschnitten hätte. Dieses "Missverständnis", wie es aus ÖVP-Kreisen heißt, sei nun geklärt. Der Finanzminister habe nur in budgetären Fragen Mitsprache, nicht aber in pädagogischen.

In beiden Ministerien zeigte man sich zuversichtlich, dass bis zum Ministerrat am Mittwoch eine Einigung möglich sei. Jedenfalls auf Beamtenebene konnten einige strittige Punkte bereits geklärt werden. Ein Hauptstreitpunkt war bisher die Mitbestimmung.

Hier soll nun die gemeinsame Formel lauten: Zustimmen müssen zwei Drittel der Lehrer an der gesamten Schule und zwei Drittel der Eltern der Sekundarstufe I (der AHS-Unterstufe). Schmied hatte ja favorisiert, dass die betroffenen Eltern, also jene, deren Kinder die vierte Volksschulklasse besuchen und in eine Neue Mittelschule wechseln, gefragt werden sollen. Die Zustimmung gilt für die Dauer des Schulversuchs, also für mindestens vier Jahre.

Klargestellt wurde, ebenfalls auf Beamtenebene, dass die Landesschulräte Antragsteller für den Schulversuch beim Unterrichtsministerium sind.

Auch der von der ÖVP verlangte Evaluierungsausschuss, in dem Lehrergewerkschafter vorgesehen waren, ist vom Tisch, wie der "Wiener Zeitung" bestätigt wurde. Vielmehr soll ein Kontrollsystem eingerichtet werden, das am Ende eine Bewertung ermöglicht. Darin enthalten soll auch ein Ressourcenvergleich der Schulformen sein.

Die ÖVP wollte ja, dass die Neue Mittelschule nicht mehr Ressourcen erhält als das Regelschulwesen. Allerdings kostet eine sinnvolle Schule der 10- bis 14-Jährigen mehr Geld. Der Leiter der Projektgruppe Neue Mittelschule im Unterrichtsministerium, Helmut Bachmann, meint zwar, dass einige Ressourcen aus dem System gehoben werden können, dass aber Gruppeneinteilungen und Teamteaching und überhaupt neue Lehrmethoden auch einen höheren Personalaufwand erforderten. Das scheint nun akzeptiert zu sein, soll aber in die Bewertung mit einbezogen werden. Ganz geklärt ist die Ressourcenfrage aber noch nicht.

Offen ist außerdem die Wahlfreiheit. Beide Streitparteien haben sich zwar von Beginn an zu einer Wahlfreiheit bekannt, allerdings hat die Unterrichtsministerin hier einen größeren Spielraum gelassen. Die ÖVP wollte klarer festgeschrieben haben, dass neben der Neuen Mittelschule eine AHS oder eine Hauptschule leicht erreichbar sein muss. In diesem Punkt feilen die Experten noch an einer für alle akzeptablen Formulierung.

Hahn beharrt allerdings darauf, dass es "keine neue Schulart geben wird", sondern die Neue Mittelschule nur ein Schulversuch neben anderen sein soll. Das bedeutet, dass die Länder ihre eigenen Modelle einbringen können sollen.

Zu hören ist, dass dem Wissenschaftsminister, der die volle Unterstützung von seinem Parteichef Molterer hat, an einem baldigen Abschluss der Verhandlungen gelegen ist. Denn es naht die Veröffentlichung der neuen Pisa-Ergebnis am 4. Dezember. Und dass die vorhergegangenen Ergebnisse nicht unbedingt ein Ausweis des derzeitigen Regelschulwesens sind, liegt auf der Hand.

Sowohl Hahn als auch Schmied sind von ihrer Natur her sachorientierte Politiker, die noch dazu sehr gut miteinander können. Es könnte also durchaus sein, dass die beiden der Regierungssitzung am Mittwoch einen gemeinsamen Ministerratsvortrag vorlegen. Sollte das nicht möglich sein, will Schmied das Thema beim großen Schulgipfel am 13. Dezember behandeln.