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Regelung soll mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten. | Vorsorgekassen freuen sich auf bis zu 500.000 Neukunden. | Wien. Lange ist darum gerungen worden, nun ist es fix: Das Modell der betrieblichen Mitarbeitervorsorge via "Abfertigung neu", wie es seit dem 1. Jänner 2003 für unselbständig Beschäftigte gilt, wird ausgeweitet. Die sogenannte "zweite Säule" des Pensionssystems soll in Zukunft auch freien Dienstnehmern, Selbständigen, Freiberuflern sowie Land- und Forstwirten offen stehen.
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Für Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) ist die geplante Regelung "ein weiterer Meilenstein gelebter Flexicurity". Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, der als geistiger Vater des Modells gilt, lobte den vom Wirtschaftsminister am Donnerstag präsentierten Gesetzesentwurf. Dieser sei ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der sozialen Absicherung für alle Selbständigen.
Während sich Bauern und Freiberufler, wie zum Beispiel Rechtsanwälte oder Ärzte, aussuchen können, ob sie 1,53 Prozent der Beitragsgrundlage für die Sozialversicherung in eine Mitarbeitervorsorgekasse (MVK) einzahlen wollen, ist die Teilnahme für freie Dienstnehmer und Selbständige verpflichtend. Ab 2008 sollen sie in die betriebliche Mitarbeitervorsorge einbezogen werden.
Günstige Besteuerung
Gewerbetreibende und sogenannte "neue Selbständige" profitieren allerdings davon, dass ihre Krankenversicherungsbeiträge um etwa die Größenordnung der Abfertigungs-Beiträge gesenkt werden. Darüber hinaus sind die Beiträge für Unternehmer als Betriebsausgaben voll von der Steuer absetzbar, und die Veranlagung seitens der MVK erfolgt KESt-frei. Bei einer vorzeitigen Auszahlung fallen sechs Prozent Lohnsteuer an, eine Auszahlung in Rentenform ist zur Gänze steuerfrei.
Bartenstein glaubt, dass sich auch viele Freiberufler und Bauern für die betriebliche Mitarbeitervorsorge interessieren. Angehörige dieser Berufsgruppen müssen sich innerhalb einer Übergangsfrist von sechs Monaten, beziehungsweise bis ein halbes Jahr nach Beginn ihrer Tätigkeit verbindlich entscheiden, ob sie teilnehmen wollen oder nicht. Der Wirtschaftsminister rührt die Werbetrommel: "Wenn ich Freiberufler oder Bauer wäre, würde ich mitmachen."
Info-Kampagnen
Nun können sich die neun heimischen Mitarbeitervorsorgekassen auf bis zu 500.000 mögliche Neukunden freuen. Das entspricht immerhin einer Aufstockung der derzeit 2.340.000 Anwartschaftsberechtigten um ein starkes Fünftel.
Laut Andreas Csurda, Vorstand der Bawag Allianz MVK und Vorsitzender der Plattform der Mitarbeitervorsorgekassen, bereitet die Branche nun Informationskampagnen vor. Freie Dienstnehmer seien, so Csurda, einfach zu erreichen, da diese meist in einem Betrieb beschäftigt sind, der für andere Mitarbeiter ohnehin schon eine MVK ausgewählt hat. Bei Ein-Mann-Betrieben und Freiberuflern hofft er auf die Hilfe der Interessensvertretungen. Probleme könnten sich jedoch daraus ergeben, dass die MVK ihr Inkasso kostengünstig von den Gebietskrankenkassen erledigen lassen, manche Freiberufler jedoch aus dem Sozialversicherungssystem "hinausoptiert" hätten.
Dass sich durch das neue Kundenpotenzial die Marktverhältnisse gravierend ändern werden, glaubt Csurda nicht. Er rechnet mit Verschiebungen bei den Marktanteilen in einem Bereich von ein bis drei Prozentpunkten. Heinz Behacker, Chef beim Branchenprimus VBV-MVK, gibt sich gelassen: Das Vertriebssystem habe bis jetzt immer gut funktioniert. Außerdem wären Unternehmer ohnehin verpflichtet, die MVK zu nehmen, in der die Ansprüche der eigenen Mitarbeiter verwaltet werden. Im Wirtschaftsministerium ist man optimistisch, dass alle wesentlichen Details geklärt sind. Der Gesetzesentwurf soll dieser Tage in Begutachtung gehen.