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Einem ÖVP-Urgestein reicht’s

Von Clemens Neuhold

Politik

Nach 33 Jahren im Parlament hat Stummvoll genug von der "Neiddebatte".


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Wien. Der Finanzsprecher der ÖVP, Günter Stummvoll, überraschte Montagabend in der "ZiB2" mit seiner Ankündigung, der Politik den Rücken zu kehren. Der 70-Jährige sitzt seit 1980 im Parlament und ist damit der längstdienende Parlamentarier der ÖVP. Mit der "Wiener Zeitung" spricht er über seinen Ausstieg, seine Nebenjobs, den Kurzzeitauftritt bei Frank Stronach und seine Horrorvision.

"Wiener Zeitung": Warum kehren Sie der Politik den Rücken?Günter Stummvoll: Ich bin es leid, mich im Boulevard rechtfertigen zu müssen, dass ich Geld verdiene. Wenn du als Politiker noch einen Beruf hast, wirst du vom Boulevard als Bonze hingestellt. Ich bin der Meinung, jeder Politiker sollte einen Hauptberuf haben. Vor hauptberuflichen Abgeordneten, die nichts anderes machen als Politik, hab ich eine Abneigung. Die sind von der Politik abhängig und das wäre mir ein Horror.

Wie viel verdienen Sie?

Ich verdiene 4800 Euro netto. Das ist meine Pension als ehemaliger Staatssekretär, die ich schon jetzt in Anspruch nehme, weil sie rund 500 Euro über dem Abgeordnetengehalt liegt. Dafür habe ich 25 Jahre lang eingezahlt. Ich bin eigentlich schon in Pension und könnte jeden Tag golfen.

Könnte das Gehalt für Abgeordnete, die einen privaten Job haben, dann nicht sinken?

Warum? Das ist insgesamt ein 80-Stunden-Job. Es braucht doch Anreize, damit wer in die Politik geht. Derzeit machen Leute aus der Wirtschaft einen großen Bogen um die Politik. Ich habe wochenlang nach einem Nachfolger im Parlament gesucht - alle haben mir abgesagt. Ein Chef einer Sparkasse, ein dynamischer Jungunternehmer und ein Primar haben alle gemeint: "Das kann ich mir nicht leisten." Das ist ein gefährlicher Trend zur Negativauslese in der Politik. Der Erste, der zum Mandat ja sagt, bekommt es.

Sind Sie für höhere Polit-Gehälter?

Die Bezügepyramide gehört reformiert. Es braucht Leistungselemente wie in der Privatwirtschaft.

Was machen Sie nach den nächsten Wahlen?

Ich bleibe gewählter Finanzreferent in NÖ, in zwei Stiftungen im Vorstand und Vize-Aufsichtsratschef von Philips Österreich.

Haben Sie noch Pläne mit Frank Stronach?

Nein, ich habe damals das Aufsichtsratsmandat seiner Glücksspieltochter nach sieben Wochen zurückgelegt, weil ich mich nicht medial in den Schmutz ziehen lassen wollte.

Was waren die Highlights in Ihrer Laufbahn?

Der EU-Beitritt, die Zeit unter Schwarz-Blau und die Abschaffung der Vermögenssteuer.

Es sollen wieder Vermögenssteuern und Erbschafssteuer kommen.

Die Vermögenssteuer wäre eine scheibchenweise Enteignung. Die SPÖ geht davon aus, dass Eigentum Diebstahl ist. Die Erbschaftssteuer über eine Million Euro würde nichts einbringen. 2008 gab es ganze 16 Erbschaftsfälle über dieser Grenze. Das wären Peanuts.

Sie haben eng mit Karl-Heinz Grasser gearbeitet.

Es war eine angenehme Zusammenarbeit. Jetzt bin ich sehr enttäuscht. Ich hätte das weder von Grasser noch von Ernst Strasser erwartet, was da bekannt wurde. Da ging es mir wie Wolfgang Schüssel und vielen anderen in der Partei.