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Einen Fuß in die Tür gesetzt

Von Simon Rosner

Politik

Der neue Finanzausgleich ist nicht das geworden, was sich Finanzminister Hans Jörg Schelling vorgenommen hat.


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Wien. Es sind dann doch die Superlative nur so herumgeflogen, als erlebte Österreich mit dem am Montag vereinbarten Finanzausgleich eine historische Zeitenwende. Für Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer ist das Ergebnis "sensationell", Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer sprach von einem "Wunder", der Bregenzer Bürgermeister und Städtebund-Vertreter Markus Linhart von einem "großen Wurf" und Finanzlandesrat Michael Schickhofer verlieh der nun beschlossenen Aufteilung von rund 80 Milliarden Euro zwischen den Gebietskörperschaften das steirische Prädikat "Reformpartnerschaft".

In gewisser Weise lässt sich diese Innensicht schon nachvollziehen. Die Verhandlungen zogen sich über eineinhalb Jahre und waren von großer Mühsal geprägt - für alle Beteiligten. Ein komplettes Scheitern schien dabei nicht ausgeschlossen, was wohl eine Fortschreibung der ohnehin bereits zweimal verlängerten Aufteilung zur Folge gehabt hätte.

Die Außensicht auf das Ergebnis ist freilich nicht ganz so euphorisch. Die Industriellenvereinigung sprach von einem "Minimalkonsens", Karoline Mitterer vom KDZ, dem Zentrum für Verwaltungsforschung, sieht die Vereinbarung "von einem großen Wurf ganz weit entfernt", es sei nur an kleinen Schräubchen gedreht worden. Und die Opposition lässt - aber das ist natürlich wenig überraschend - überhaupt kein gutes Haar an dem Ergebnis. Der Grundtenor: Alles läuft weiter wie bisher.

Tatsächlich hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling weitaus größere Ziele für die neue, fünfjährige Periode des Finanzausgleichs vorgegeben. Die komplexen Transferströme zwischen den Gebietskörperschaften sollten entflochten werden - das ist kaum passiert. Schelling wollte den Ländern eine gewisse Steuerautonomie einräumen - daraus ist lediglich eine Verländerung der Wohnbauförderung geworden. Vor allem aber sollte die Aufteilung der Gelder künftig nicht mehr primär über den abgestuften Bevölkerungsschlüssel erfolgen, sondern nach dem Prinzip "Geld folgt Aufgabe" - daraus ist nur eine Aufgabenorientierung bei der Kinderbetreuung geworden.

Signifikante Effizienzgewinne wird dieser neuer Finanzausgleich nicht bringen, zumindest nicht sofort. Zumal es auch mehr Geld für Länder und Gemeinden gibt, was Schelling zwar nicht wollte, aber unvermeidlich war. Ebenso, dass diese zusätzlichen Gelder nicht zweckgebunden sind. Es geht um insgesamt 300 Millionen Euro jährlich, wobei es zudem noch eine Einmalzahlung von 125 Millionen Euro für die Bewältigung der Integrations-Herausforderungen geben wird.

Dass es hier sowie beim Thema Pflege einen erhöhten Finanzbedarf gibt, ist klar, und teilweise war das zu Beginn der Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich auch schwer vorhersehbar. Die große Fluchtbewegung hatte erst im August 2015 so richtig eingesetzt. Auch Bruno Rossmann, Budgetsprecher der Grünen, bezeichnet diese zusätzlichen Forderungen der Länder und Gemeinden als "nicht ganz unberechtigt", er wirft Schelling jedoch vor, dass er deren Gewährung nicht an Reformen geknüpft hat, hier also eine Chance vergeben wurde.

Bei den Gesundheits- und Pflegekosten haben sich die Verhandler in der Mitte getroffen, dem steigenden Bedarf wird durch entsprechende Valorisierungen Rechnung getragen, wenn auch etwas weniger als von den Landeshauptleuten gefordert. Gemeinsam mit der Sozialversicherung nehmen Bund und Länder Geld für Ausbau der Hospiz- und Palliativmedizin in die Hand, außerdem wird der Selbstbehalt für Kinder in den Spitälern abgeschafft.

An der Uneinigkeit der Länder ist eine höhere Steuerautonomie gescheitert, die auf längere Sicht jedoch nicht unwesentlich wäre, will man die Aufgabenorientierung weiterdrehen - und das ist derzeit auch der Plan, an dem bis 2021 weiter gefeilt werden soll. Schon im September 2017 muss es eine Einigung bei den Kriterien für die Höhe der Zuweisungen für die Kinderbetreuung geben. Denn nicht überall kostet ein Betreuungsplatz das Gleiche. Politisch muss also geklärt werden, wie die Betreuung genau aussehen soll, wie lange ein Kindergarten offen zu sein hat und wie viel Geld es für die einzelnen Formen der Betreuung geben wird. Das ist nicht ganz einfach. Ein Jahr danach findet das gleiche Spiel mit den Pflichtschulen statt, die dann ab 2019 kriteriengesteuert finanziert werden.

Länder und Gemeinden können freilich immer ein Zusatzangebot zur Verfügung stellen, sie müssen es aber eben selbst finanzieren, wozu wiederum eine höhere Steuerautonomie nötig wäre. Aber davon ist der nun vereinbarte Vertrag zwischen Bund, Ländern und Gemeinden noch weit entfernt. Dessen Erfolg wird sich wohl erst beim nächsten und übernächsten Finanzausgleich messen lassen. War es wirklich der "Einstieg zum Umstieg", wie es Schelling sieht? In Arbeitsgruppen zur Grundsteuer und einer weiteren Entwicklung der Steuerautonomie soll jedenfalls weiterdiskutiert werden.

Vorerst wird nur der Wohnbauförderungsbeitrag zur reinen Abgabe der Länder, die auch die Höhe bestimmen können. Dafür wird die Wohnbauförderung nun wieder zweckgewidmet, jedes Jahr müssen Länder und Gemeinden zudem einen Bauplan für die kommenden zwei Jahre festlegen. Dies war ein Wunsch der Bauwirtschaft für mehr Planungssicherheit. Einsparungen soll eine Reform und Vereinheitlichung der Bauordnung bringen, die derzeit Landessache ist und nun in Bundeshand wechseln soll. Im Zuge dessen soll der soziale Wohnbau auch billiger werden, indem noch zu definierende Normen etwas zurückgestutzt werden.

Langfristige Einsparungen soll ein transparentes Monitoring von öffentlichen Dienstleistungen bringen, eine Art Benchmark-System, das darlegen soll, wie viel ein Schulplatz oder ein Krankenbett in den einzelnen Gemeinden kostet. Dadurch sollen Ineffizienzen schnell aufgespürt werden.