Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Hilfe! Kunst!" Herzig, der Titel, den die "Süddeutsche" über jene Meldung stellte, dass ein Mann Bilder, die mit dem Kunstfund in München in Verbindung stehen dürften, von der Polizei abholen ließ. Er gab an, nach der massiven Berichterstattung um die Sicherheit der Bilder zu fürchten. Das ist nun ein Aspekt, der auch den "Schatz aus Schwabing" nicht unerheblich trifft. Und vielleicht ein Grund war, warum die Zollfahndung - in der Hitze des Gefechts in der Vorwoche gern pauschal als provinziell unfähig beurteilt, etwa von Albertina-Chef Schröder - den Fund so lange nicht öffentlich gemacht hat. Sogar bei unverdächtigen Restitutions-Experten wie Eva Blimlinger regt sich nun Skepsis, wie rechtmäßig die Beschlagnahmung der Bilder von Cornelius Gurlitt eigentlich war. "Wie viel Steuerschulden kann der haben, dass man eine Sammlung in dem Wert einbehält?", fragte sie sich in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Eine Rückgabe an den rechtmäßigen (?) Besitzer ist aber auch nicht unkompliziert. Denn wenn schon der unbekannte Mann mit den 22 Bildern Angst hat, wie soll eine 1400 Bilder starke Sammlung vom 79-jährigen Gurlitt gesichert werden. Eher nicht in seiner Schwabinger Wohnung, und auch nicht an seiner jedermann bekannten Salzburger Adresse.
Natürlich ist es eine packende Story mit Seltenheitswert. Das Foto eines mutmaßlichen Gurlitt im Supermarkt war wohl auch nicht des Boulevards letzter Streich. Aber für alle wäre es an der Zeit, einmal mit der nötigen Distanz durchzuatmen und den Fall nicht ins Indiana-Jones-Genre abdriften zu lassen. Bevor man sich irgendwann genieren muss.