Die Stadt Wien will die sogenannte Luftsteuer für Geschäfte bis auf wenige Ausnahmen abschaffen.
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Dem zuständigen Stadtrat kam das Wort nicht über die Lippen. Peter Hanke (SPÖ), Ressortchef für Finanzen und Wirtschaft, wollte das Wort "Luftsteuer" bei der gestrigen Pressekonferenz in der Donaustadt partout nicht in den Mund nehmen. Dabei war er es, der die Abschaffung ungeliebter Betriebsabgaben am Montag verkündete.
Um es ein wenig zu verkomplizieren: Die Luftsteuer als solche gibt es eigentlich nicht. Der Begriff entspringt dem Volksmund und bezeichnet Teile der Gebrauchsabgabe, die Kommunen für die Nutzung öffentlichen Raumes einheben (siehe Kasten Wissen). Nämlich jene Teile, die in der Luft über öffentlichen Raum ragen, wie etwa Markisen oder Vordächer.
"Hürden abschaffen"
"Wir wollen die Wirtschaft entlasten und Hürden abschaffen", sagt Hanke und verspricht eine sanfte Entbürokratisierung. Markus Ornig, Wirtschaftssprecher des Koalitionspartners Neos: "Die Luftsteuer ist Geschichte." Hotellerie, Gastronomie und Kleinstunternehmen sollen sich künftig bis zu 800 Euro pro Jahr ersparen. Die Änderung des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes soll im September im Gemeinderat beschlossen werden und mit 1. Jänner 2023 in Kraft treten.
Befindet sich eine Markise über öffentlichem Raum, gibt es ein Vordach oder ein an die Fassade angebautes Geschäftsportal, das in den Gehsteig ragt, müssen Geschäftsbesitzer dafür künftig keine Abgaben mehr zahlen. Zusätzlich werden den Wirtschaftstreibenden Bagatellabgaben für Windfang, Zierverputz oder Stufenanlagen erlassen. Insgesamt bringe das der Wiener Wirtschaft eine Entlastung von zwei Millionen Euro pro Jahr, wie Stadtrat Hanke vorrechnet.
"Wir wurden dafür (für die Luftsteuer, Anm.) jahrelang gegeißelt", sagt Hanke. Und sein Koalitionspartner, der bis 2020 in Opposition war, pflichtet ihm bei. "Wir haben schon in den Wahlkämpfen 2015 und 2020 die Abschaffung gefordert", sagt Ornig von den Neos.
Ganz weg ist die Luftsteuer damit aber noch nicht. Wirbt eine Firma mit einer Werbetafel auf der Fassade einer anderen, muss dafür unter bestimmten Umständen nach wie vor eine Abgabe entrichtet werden. Auch beleuchtete Werbetafeln sind von der Befreiung ausgenommen. Das habe ökologische (Stromverbrauch) aber auch ästhetische Gründe: "Wir wollen nicht, dass der Stephansplatz aussieht wie der Times Square", sagt Ornig.
Lob der Wirtschaft
"Wir fordern die Abschaffung der Wiener Luftsteuer seit vielen Jahren, sie sorgt bei den Betrieben auch seit jeher für Kopfschütteln", sagt Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck. Dass sie mit Jahreswechsel zumindest teilweise Geschichte sein soll, sei für die tausenden betroffenen Unternehmen "absolut positiv".
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit Corona, und Energiepreiskrise stärke die Eindämmung der Gebrauchsabgaben den Wiener Unternehmern den Rücken."Dass man in einer solchen Situation nicht auch noch hunderte Euro jedes Jahr für ein Vordach oder einen Sonnenschutz vor dem Geschäft als Abgabe an die Stadt bezahlen muss, ist ein gutes und richtiges Signal", sagt Ruck.
Wissen~ Das Wiener Gebrauchsabgabegesetz wurde 1966 vom Wiener Landtag beschlossen. Es regelt im Wesentlichen die Nutzung des öffentlichen Raumes durch wirtschaftliche Betriebe. Bekanntestes Beispiel für eine Gebrauchsabgabe ist die von der Gastronomie an die Stadt zu entrichtende Schanigarten-Gebühr.
Die Nutzung des Luftraumes über öffentlichem Grund, meist Gehsteige oder Straßen, will die Koalition in Wien nun weitgehend gebührenfrei gestalten. Gebühren für das Aufstellen von Pflanztrögen, Schaukästen oder unbeleuchteter Werbung vor Geschäften sind mittlerweile vor einigen Jahren abgeschafft worden.
Gebrauchsabgaben sind mit der weitestgehenden Entsorgung der Luftsteuer nicht passé. Betreibt man etwa einen Werbestand, lässt Mitarbeiter in Fußgängerzonen Flugzettel verteilen, oder fährt mit einem Auto mit Lautsprecherdurchsage durch Wiens Straßen, fallen dafür nach dem Gesetz weiter Gebühren an.