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Einfach zum Hörer gegriffen

Von Stefan Melichar aus Deutschland

Wirtschaft

BayernLB und Hypo Alpe Adria: Stoiber bestreitet Mitverantwortung. | München. Man stelle sich vor: Der mächtige Ministerpräsident Bayerns ruft den nicht minder mächtigen Premierminister Kroatiens an, um bei der dortigen Nationalbank zu intervenieren - aber leider: Diese ist ja unabhängig, und den Politikern fällt es wie Schuppen von den Augen, dass sie da nichts ausrichten können. Zum Glück gibt es aber nur wenige Tage später ohnehin eine Lösung.


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Die Befragung des bayrischen Ex-Regierungschefs Edmund Stoiber am Mittwoch im Münchener Landtag war der Polit-Höhepunkt des dortigen Hypo-Untersuchungsausschusses. Inhaltlich gab es einen kleinen Knalleffekt: Stoiber gab zu, 2007 zur Durchsetzung des Kaufs der Mehrheit an der Kärntner Hypo durch die BayernLB beim kroatischen Premier Ivo Sanader interveniert zu haben: Wie er sagt, ohne Erfolg.

Wie berichtet, musste die BayernLB das Okay der Aufsichtsbehörden sämtlicher Länder einholen, in denen die Hypo tätig war. Wegen früherer Erfahrungen mit der BayernLB sträubte sich jedoch die dortige Nationalbank. Am 11. Juli 2007 wurde das Ansuchen abgelehnt, am 13. Juli griff Stoiber auf Bitte der Bank zum Hörer und rief Sanader an.

Dieser habe ihm jedoch erklärt, dass die Nationalbank unabhängig sei und er da nichts machen könne, so der Ex-Ministerpräsident vor dem U-Ausschuss. Bereits am 17. Juli hätte die BayernLB aber selbst einen Kompromiss mit der Notenbank ausgehandelt. "Meine Bemühungen haben gar nichts geändert", betont Stoiber.

Keine roten Warnsignale

Spannend ist die Angelegenheit allemal: Einerseits hätte ein Scheitern in Kroatien den gesamten Deal zum Platzen gebracht, womit der BayernLB ein Verlust von 3,75 Milliarden Euro erspart geblieben wäre. Andererseits behauptet Stoiber, selbst nicht entscheidend beim Kauf der Kärntner Problembank mitgewirkt zu haben.

Tatsächlich saß der Ministerpräsident - im Unterschied zu mehreren Staatsministern - nicht im Verwaltungsrat der Landesbank. "Die Initiative zum Kauf ging nicht von mir aus", so Stoiber. Er habe keinerlei Druck ausgeübt, es habe auch nie "eine rote Warnleuchte" gegeben. Er habe den Verantwortlichen in der Bank vertraut.

Die Opposition überzeugt das nicht. Nach der dreieinhalbstündigen Befragung werfen sowohl Harald Güller von der SPD als auch der Grüne Abgeordnete Sepp Dürr Stoiber vor, seine Rolle kleinzureden. Wenig Freude dürfte auch jene Zuhörerin mit Stoiber haben, auf deren T-Shirt der Schriftzug "I want my money back" ("Ich will mein Geld zurück") prangte: Kaum jemand hält eine Schadenersatzklage gegen Stoiber für aussichtsreich. CSU-Ausschusschef Thomas Kreuzer meint, seinem Ex-Parteichef könne kein persönliches Fehlverhalten vorgeworfen werden. Er sei ja nicht in den entscheidenden Gremien der Bank vertreten gewesen.

Was Schadenersatzforderungen - etwa gegen ehemalige Verwaltungsräte oder Vorstände - anbelangt, war die zweite Zeugin des Tages wohl interessanter: Die Wirtschaftsprüferin Corinna Linner hat 2009 für die BayernLB-Spitze einen Bericht verfasst, in dem sie eine mögliche Sorgfaltspflicht-Verletzung beim Hypo-Kauf in den Raum stellt - es gilt die Unschuldsvermutung. Nach einer Erörterung des Berichts im BayernLB-Verwaltungsrat hat Linner ihre Vorhalte zwar deutlich abgeschwächt. Alle Kritikpunkte sind dennoch nicht ausgeräumt worden.