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Eingeklemmt im Niemandsland

Von Martyna Czarnowska

Politik

Lage an weißrussisch-polnischer Grenze bleibt angespannt. Hunderte Migranten harren dort aus.


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In der Nacht auf Dienstag fiel die Temperatur unter null Grad. Hunderte Menschen campierten in den Wäldern an der weißrussisch-polnischen Grenze. Videoaufnahmen von Migranten, die dort feststecken, zeigen in Schals und Kapuzen eingemummte Menschen, überwiegend Männer, nachlässig aufgestellte kleine Zelte und Lichtpunkte. Die einen sind Feuerstellen zwischen den Lagerstätten, die anderen die Scheinwerfer von Polizeiautos. Die Stimme eines kleinen Kindes ist kurz zu hören und viel öfter die Durchsagen der polnischen Beamten, die übers Megafon auf englisch mitteilen, dass illegale Grenzübertritte verboten seien.

Das aber versuchen täglich Dutzende bis Hunderte Menschen, die per Flugzeug aus Dubai oder Istanbul nach Minsk gekommen waren und sich von dort auf den Weg Richtung EU machen. Die Union wirft dem weißrussischen Regime vor, mit "hybrider Kriegsführung" die Migranten zu nutzen und diese in die EU zu schicken, sogar zur Grenze leiten zu lassen und sie dann an einer Umkehr zu hindern. So fanden sich am Montag größere Gruppen von Menschen eingeklemmt im Niemandsland, zwischen weißrussischen Sicherheitskräften und polnischen Soldaten, von denen mittlerweile mehr als 10.000 in dem Grenzgebiet stationiert sind. Die Lage verschärfte sich, als einige Migranten versuchten, den Stacheldraht auf polnischer Seite zu stürmen.

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Auch am Dienstag waren die polnischen Behörden auf Zusammenstöße gefasst und schlossen solche für die kommenden Tage nicht aus. Doch gelte es, die Grenzen Polens und die Grenzen der EU zu verteidigen, betonte Staatspräsident Andrzej Duda. Zuspruch hatten die Soldaten und Polizisten bereits zuvor von Premier Mateusz Morawiecki erhalten, der zu Sonnenaufgang das Grenzgebiet besucht hatte.

Immer wieder versichert die Regierung in Warschau, die Situation unter Kontrolle zu haben. Einerseits will sie sich nicht auf die "Provokationen" einlassen, für die sie Minsk verantwortlich macht. Andererseits soll dies auch ein Signal an EU und Nato sein, dass Polen allein mit der Situation fertig werden kann. Denn sowohl aus der Europäischen Union als auch dem Militärbündnis kommen Appelle, dass Warschau Unterstützung beantragen soll. So gibt es Institutionen, die bei der Aufnahme und Registrierung von Asylwerbern helfen können - und eine von ihnen, die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat ihre Zentrale sogar in Warschau. Die meisten Migranten wollen nicht einmal in Polen oder im benachbarten Litauen bleiben, sondern nach Westeuropa weiterreisen.

Sanktionen stehen im Raum

Die polnische Regierung müsste Hilfe allerdings beantragen, doch bisher sträubte sie sich davor. Kritiker des nationalkonservativen Kabinetts orten dahinter den Wunsch, dass den Sicherheitskräften nicht dabei zugesehen wird, wie sie Menschen wieder über die Grenze schicken. Und der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich die Diktion von "harten Handlungen" gegenüber Zivilisten auf polnischer Seite angeeignet. Nach eigenen Angaben habe er darüber auch mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin gesprochen. Moskau gibt übrigens dem Westen die Schuld an der Situation.

Dass es aber das Regime in Minsk ist, dass die Menschen für politische Zwecke missbraucht - darin sind sich Polen und seine EU- sowie Nato-Partner einig. Um die Antwort darauf wird dennoch gerungen. Weitere Sanktionen gegen Minsk stehen im Raum, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drängt auf eine Umsetzung. Dafür braucht es aber einen Beschluss der EU-Staaten. Ein Schritt in diese Richtung wurde am Dienstag gesetzt: Die EU kündigte an, ein Abkommen mit Weißrussland über Visa-Erleichterungen teilweise auszusetzen. Als eine weitere Maßnahme sieht die EU Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der Migranten an. Vizekommissionspräsident Margaritis Schinas bereitet sich schon auf eine Rundreise vor.

In der Zwischenzeit appellieren Hilfsorganisationen im In- und Ausland an die polnischen Behörden, sie in die Grenzregion zu lassen, wo derzeit der Ausnahmezustand gilt.

Für die Nacht auf Mittwoch war eine Temperatur von minus zwei Grad prognostiziert.