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Eingestürztes Reformhaus

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die reformfreudigsten Länder sind derzeit Griechenland, Portugal, Spanien und Irland. Das ist kein Witz, sondern entspringt einer Auflistung der angesehenen Wirtschaftsorganisation der großen Industrieländer namens OECD. Nun wird der heimischen Regierung gerne nachgesagt, dass sie bei Reformen nicht allzu forsch agiert. Das ist wohl Ausfluss der Umfrage-Erkenntnisse, dass die Mehrheit der Österreicher zwar gerne schimpft, aber nicht kauft. Reformen ja, aber nicht bei mir, lautet die Zusammenfassung. Beispiel gefällig: Die steirische Landesregierung setzt Reformvorhaben um, die von Rechnungshof und anderen Experten wärmstens empfohlen werden. Dafür wurden SPÖ und ÖVP im Land vom Wähler bisher nur abgestraft.

Die OECD-Studie wird den Reformeifer der Österreicher nicht heben, denn in den vier oben genannten Ländern brannte es ökonomisch lichterloh - und Reformen waren gleichbedeutend mit sozialem Abstieg und Arbeitslosigkeit.

Wenn Eifer so aussieht, kann der Österreicher getrost auf Reformen verzichten - eigentlich eine schlaue Reaktion. Tatsächlich wird das Wort "Reform" camouflierend verwendet. Wenn etwas schlechter ist als vorher, dann haben wir eine Reform hinter uns. Pensionsreform klingt nett, dahinter steckt aber entweder die Verlängerung der Lebensarbeitszeit oder die Kürzung von Ansprüchen. Niemand hat jemals das Wort Pensionsreform verwendet, um Pensionisten mit Wohltaten zu überschütten. Gesundheitsreform bedeutet längere Wartezeiten im Spital oder die Schließung von Krankenhäusern. Wer will das?

Wenn nun die OECD daherkommt und hochverschuldete Länder für Reformen lobt, darf es niemanden wundern, dass praktisch alle auf sie verzichten können.

Wie der Sprachgebrauch das Wort verhunzt hat, zeigt sich beim "Reformkino". Auch darin werden meist nur schwierige Filme gezeigt, in denen Menschen leiden. Und im "Reformhaus" kauft man Gesundes ein, gut muss es nicht sein.

In Österreich sind Reformen längst wie ein Reformhaus eingestürzt. Sogar vor der Steuerreform fürchten sich viele, obwohl sie doch Erleichterungen bringen soll.

Wir brauchen also in Wahrheit eine Gegenreform, aber das würde die OECD wohl ungünstig bewerten. Bleibt nur die Konzentration auf eine Republik-Institution, der Reformen wirklich gut tun würden: den Villacher Fasching.