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In einem Erkenntnis bestätigte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gestern die Rechtmäßigkeit der Reform des ÖBB-Pensionrechts aus dem Jahr 2001. Damals waren das Pensionsantrittsalter erhöht und der Durchrechnungszeitraum für die Bemessung der Pensionshöhe verlängert worden.
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Knackpunkt dabei und Grund für die Beschwerde beim VfGH: Die Verschlechterungen in den Verträgen der Eisenbahner waren per Gesetz herbeigeführt worden. Es sei dies ein Eingriff in die Privatautonomie, ein Eingriff in die Unverletzlichkeit des Eigentums, so die im SPÖ-Drittelantrag formulierte Kritik.
Demgegenüber entschied der VfGH gestern: Die gesetzliche Eingriffe in privatrechtliche Veträge seien zulässig gewesen, weil sie verhältnismäßig und darüber hinaus durch öffentliches Interesse gerechtfertigt waren. Zwar liege tatsächlich ein Eingriff ins Eigentum (Art. 5 B-VG) vor, doch "das Pensionssystem zu harmonisieren ist ein legitimes politisches Anliegen", argumentierte VfGH-Präsident Karl Korinek. Gerechtfertigt sei das Gesetz insbesondere auch deswegen, weil die ÖBB-Pensionsaufwendungen der Bund trage.
Für Korinek schafft das Erkenntnis prinzipiell Klarheit darüber, dass durch Gesetz auch in Verträge eingegriffen werden kann: "Allerdings wird in jedem einzelnen Fall das öffentliche Interesse und die Verhältnismäßigkeit zu prüfen sein." Für SPÖ-Justizssprecher Hannes Jarolim bedeutet das Erkenntnis "eine prozessuale Niederlage". Jarolim entnimmt dem Erkenntnis aber den "klaren Auftrag an die Regierung, die Pensionsreform durchzuziehen".
Der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer zeigte sich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" von der VfGH-Entscheidung wenig überrascht. Der Gesetzgeber dürfe in privatrechtliche Verträge eingreifen, "das passiert auch immer wieder". Neu an dieser Sache sei bestenfalls die Dimension: "Immerhin werden an die 50.000 privatrechtlichen Verträge auf einen Schlag betroffen".
Der Spielraum für den Einzelnen, meint der Verfassungsexperte weiter, sei in Zeiten von Restriktionen geringer. An Auswirkungen auf die Verhandlungen zwischen Regierung und ÖBB bei der Reform des Dienstrechtes glaubt Mayer nicht: "Allenfalls könnte die Regierung versucht sein, übermütig zu werden und über die Eisenbahner drüberzufahren."