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Einheitliche Kassenleistungen, nächster Akt

Von Karl Ettinger

Politik
Mundhygiene für Jugendliche übernehmen die Kassen.
© Alex_Traksel/stock.adobe.com

Mit 1. September erfolgt ein weiterer Schritt, um die Abgeltung für Versicherte und Patienten in der Sozialversicherung zu harmonisieren.


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Wien/St. Pölten. Herr Vogler braucht wegen Burnouts therapeutische Hilfe. Nimmt er diese bei einem Vertragspartner seiner Krankenkasse in Anspruch, trägt diese auch die Kosten. Geht er zu einer Psychotherapeutin, ohne Vertrag, erhält er einen Kostenzuschuss - für eine Stunde mit 85 Euro und bei insgesamt neun Einheiten zahlt die Krankenkasse bisher 196,20 Euro. Ab Samstag dieser Woche werde der Kostenzuschuss pro Einheit von 21,80 auf 28,00 Euro erhöht. Macht in Summe 252,00 Euro, damit erspart sich Herr Vogler 55,80 Euro. Außerdem kann er künftig zehn statt neun Einheiten Psychotherapie ohne chefärztliche Bewilligung nützen.

Denn mit 1. September dieses Jahres erfolgt der nächste Schritt bei der Vereinheitlichung der Abgeltung von Leistungen, für die die öffentliche Krankenversicherung bisher je nach Krankenkasse unterschiedliche Kostenzuschüsse nachträglich bezahlt hat. Auf Psychotherapie trifft das nunmehr zu. Das ist insofern für Patienten bedeutend, weil die Zahl der Menschen, die derartige Hilfe benötigen und in Anspruch nehmen wollen, im Steigen ist. Psychische Probleme sind mittlerweile der Hauptgrund für krankheitsbedingte Frühpensionierungen, deswegen soll hier speziell gegengesteuert werden. Außerdem handelt es sich bei der Anhebung der Zuzahlung der Kassen um die erste seit 27 Jahren.

Harmonisierung schon unter Vorgängerregierung begonnen

Allerdings werden noch nicht alle Unterschiede beseitigt. Die Beamtenversicherung für die öffentlich Bediensteten leistet zum Beispiel schon bisher einen Kostenzuschuss von 40 Euro pro Therapie-Einheit. Aber mit 1. September wird für sechs Leistungen eine weitere Harmonisierung durchgeführt. Insgesamt wurde damit seit dem Herbst des vergangenen Jahres bei rund zwei Dutzend Leistungen der öffentlichen Krankenversicherungen eine Angleichung bei den Kostenbeiträgen für Patienten vorgenommen.

Der Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungen, Alexander Biach, wird daher auch nicht müde zu betonen, dass seine Dachorganisation schon vor der jetzigen türkis-blauen Bundesregierung die Bemühungen zur Harmonisierung der Abgeltung deutlich verstärkt hat. Denn die ÖVP-FPÖ-Koalition ist erst seit Dezember 2017 im Amt und hat ihrerseits versucht, der Bevölkerung zu vermitteln, erst mit der von ihr im Mai paktierten Reform der Sozialversicherung werde eine Harmonisierung vorgenommen. Dabei war schon Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), die Vorgängerin der jetzigen Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, interessiert, dass bei der Leistungsharmonisierung im Sinne der Versicherten etwas weiter geht. Der Hintergrund dafür ist, dass bei den Sozialversicherten oft kein Verständnis herrscht, dass sie zwar österreichweit gleiche Krankenbeiträge zahlen, aber die Zuschüsse der Krankenkassen oft recht unterschiedlich und damit auch verwirrend sind.

Angleichung bei sechs Leistungen ab 1. September

So kommt es ab Samstag auch für Menschen mit Hörschäden zu einer einheitlicheren Behandlung. Betreffen die Hörprobleme beide Ohren, so gibt es künftig in allen Gebietskrankenkassen, in den Betriebskrankenkassen und bei der Kasse für die Eisenbahner eine einheitliche Vorgangsweise.

Das gilt auch für die Inanspruchnahme von Physiotherapie. Der Kostenzuschuss für eine Einzeltherapie mit 30 Minuten beiträgt ab 1. September bei allen Gebietskrankenkassen und Betriebskrankenkassen nach Angaben des Hauptverbandes gegenüber der "Wiener Zeitung" 16,74 Euro. Zum Vergleich: Niederösterreichs Gebietskrankenkasse zahlte bisher 13,30 Euro, jene in der Steiermark 10,21 Euro und jene in Kärnten beispielsweise 15,33 Euro. Bei anderen Krankenkassen handelte es sich um eine Sachleistung der Kasse, weshalb kein Zuschuss notwendig war.

Neben der Psycho- und der Physiotherapie sowie bei der Notwendigkeit von Hörgeräten für Patienten wird ab diesem Samstag noch bei vier weiteren Gesundheitsleistungen eine Harmonisierung der Tarife durchgeführt. Es handelt sich dabei um Logopädie, Mundhygiene für Kinder und Jugendliche sowie um Ergotherapie.

Großteil der Leistungenschon angeglichen

Der größte Teil der Leistungen wurde bereits vor knapp einem Jahr angeglichen. Seit 1. Oktober 2017 gibt es beispielsweise für Zeckenimpfungen bei den Krankenkassen eine einheitliche Zuzahlung von vier Euro. Allerdings sind damit nicht alle Sonderregelungen weggefallen. Denn die Beamtenversicherung zahlt weiterhin wesentlich mehr dazu - nämlich 16 Euro. Für Menschen, die auf Rollstühle angewiesen sind, gibt es Zuzahlungen der Kassen bis zu einem einheitlichen Höchstwert von 3320 Euro.

Mit Beginn des Jahres 2018 wurde in einem weiteren Schritt ebenfalls eine Anpassung von Leistungen in der Krankenversicherung vorgenommen. Das gilt beispielsweise für die Harmonisierung, wenn es um Versicherte mit abnehmbaren und festsitzenden Zahnspangen geht. Mit dem heurigen Jahresbeginn wurden unter anderem auch die Transportkosten bei den jeweiligen Krankenkassen angeglichen.

Mundhygiene für Jugendliche als Sachleistung

Wie sich das in der Praxis auswirkt, zeigt an anderes Beispiel. Der 16-jährige Alexander lässt vorbildhaft einmal im Jahr eine Mundhygiene bei einem Kassen-Vertragsarzt in St. Pölten machen. Kosten: 95 Euro, so das Beispiel des Hauptverbandes. Dafür gab es bisher keinen Zuschuss seiner Kasse. Seit 1. Juli dieses Jahres kann Alexander die Mundhygiene einmal im Jahr auf Kosten der Krankenversicherung als Sachleistung in Anspruch nehmen. Ersparnis: 95 Euro.