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Von einer "historischen Einigung" in der Frage der Flüchtlingsverteilung spricht Frankreich - ganz so ist es nicht.
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Brüssel. Aus dem Rat der EU-Innenminister in Luxemburg waren plötzlich Erfolgsmeldungen zu vernehmen - gleich zwei wichtige Fragen wären auf einen Schlag geklärt, hieß es. Der französische Innenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Gerald Darmanin schrieb auf Twitter, es sei eine "historische Einigung" auf ein System zur freiwilligen Umverteilung von Flüchtlingen erzielt worden. Teil des "wesentlichen Fortschritts" sei auch ein stärkerer Außengrenzschutz.
Fortschritt bei Grenzschutz
In der Tat kamen die Mitgliedsländer beim Außengrenzschutz weiter. Der Rat einigte sich mit qualifizierter Mehrheit auf die schon seit langem angepeilte Datenerfassung der Asylsuchenden an den Grenzen. Dazu gehört die Aufnahme ins "Eurodac"-System, parallel dazu soll auch ein "Screening" der Ankommenden erfolgen. Durch die Datenerfassung (zum Beispiel von Fingerabdrücken) soll es künftig leichter möglich sein, Identitäten festzustellen und Angaben zu überprüfen.
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Doch wie aus Luxemburg zu hören ist, hatten vor allem die Mittelmeerländer, die in den letzten Jahren immer wieder beklagten, vom Rest der EU im Stich gelassen zu werden, Bedenken: Es komme ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand auf sie zu mit entsprechenden Kosten. Es könnte auch die Befürchtung eine Rolle gespielt haben, dass Ankommende durch die Aufnahme in die Datenbank erst recht in der Verantwortung der Erstaufnahmeländer bleiben würden.
Offensichtlich suchte man im Rat eine Möglichkeit, diese Sorgen abzumildern. Und so kam es zu einer "politischen Absichtserklärung", an der sich zumindest ein Teil der EU-Mitgliedsländer beteiligt. Die Rede ist von zunächst einmal 10.000 Asylwerbern, die auf freiwilliger Basis verteilt werden. Deutschland nimmt 3.500 davon auf, Frankreich weitere 3.000, der Rest verteilt sich auf andere Länder wie etwa Bulgarien.
Nach einem früheren Vorschlag könnten sich Staaten, die einen Beitrag leisten, aber niemanden aufnehmen wollen, auch anderweitig beteiligen, etwa durch finanzielle Leistungen oder Personal. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser schätzte, dass sich ungefähr zehn bis zwölf Länder diesem Plan anschließen könnten.
Österreich ist nicht dabei, ebenso wenig wie Polen, die Slowakei, Ungarn, Estland und Lettland. "Wir werden keine zusätzlichen Migranten über eine EU-Verteilung aufnehmen und auch keinen diesbezüglichen finanziellen Beitrag leisten", stellte Innenminister Gerhard Karner fest. "Kontrolle und Registrierung an den Grenzen - Eurodac und Screening - sind wichtige Schritte in die richtige Richtung", so Karner. "Eine Umverteilung von Migranten in Europa ist aber das Gegenteil und vor allem ein völlig falsches Signal an die Schlepper. Deshalb lehnen wir diesen Vorschlag ab."
Migranten nach Ruanda
Karner wiederholte in Luxemburg den Vorschlag, dass Asylwerber ihr Verfahren in Drittstaaten abwarten sollten und nannte als Beispiel Dänemark und Großbritannien, die sich in diese Richtung bewegen. Allerdings gibt es dagegen auch zahlreiche Einwände. Großbritannien verfolgt den Plan, wonach ab kommender Woche illegal eingereiste Migranten nach Ruanda geschickt werden sollen und dort einen Antrag auf Asyl stellen können. Ist ihr Asylantrag erfolgreich, können sie in Ruanda leben. Dafür erhält Ruanda entsprechende finanzielle Mittel. In Großbritannien trafen die Pläne auf massive Kritik von der Opposition, Verbänden, der Kirche und selbst innerhalb der regierenden Tory-Partei.
Innenminister Karner begrüßte auch einen neuen Vorschlag der französischen EU-Ratspräsidentschaft zum Schengener Grenzkodex. Es müsse auch in Zukunft möglich sein, Binnengrenzkontrollen im Bedarfsfall durchzuführen, so Karner.