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Einige Taten der Regierung ragen heraus

Von Christian Kern

Gastkommentare
Christian Kern ist Klub obmann der SPÖ. Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.

Schwarz-Blau zeigt sich äußerst generös bei Großunternehmen und Sponsoren - und treibt eine rechte Zeitenwende voran.


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Wie bewertet man die ersten hundert Tage einer Regierung? Am besten an dem, was sie im Gegensatz zu ihren Wahlversprechen konkret getan hat. Einige Taten ragen heraus. Darunter die, den Regierungsapparat enorm aufzublähen. Jedes Ministerium hat einen Generalsekretär erhalten, die Ministerkabinette werden immer größer und die Regierung beschäftigt ein Heer an Spindoktoren.

Hinzu kommt ein ungenierter Zugriff auf Steuergeld für Sondermittel. Medien, die das aufgedeckt haben, sprechen von "Spielgeld" für Berater, Inserate oder Kampagnen. 66 Millionen Euro extra dürfen Kanzler und Vizekanzler dafür verprassen, das ist weit mehr Geld, als ÖVP und FPÖ an Parteienförderung erhalten. "Sparen im System", wie von der Regierung propagiert, sieht wahrlich anders aus.

Gleichzeitig spart die Regierung massiv bei den Menschen, um Wahlversprechen für Großkonzerne zu finanzieren. Während etwa Start-ups, Klein- oder Einzelpersonenunternehmen leer ausgehen, zeigt sich Schwarz-Blau äußerst generös bei Großunternehmen. Diese sollen nicht nur eine erhebliche Steuerreduktion bekommen, sondern in Zukunft auch nicht mehr so streng geprüft werden, ob sie ihre Steuern korrekt abführen; Schwarz-Blau hat sich den Abbau von 200 Großbetriebsprüfern vorgenommen. Dem Staat entgehen damit rund 150 Millionen Euro an Steuereinnahmen. Was nur konsequent ist: War es doch ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, der bei seinem ersten Auftritt in Brüssel bedenkenlos dafür gestimmt hat, Panama von der Liste der Steueroasen zu streichen. Kurz und sein Finanzminister versuchen das zu vernebeln, indem sie über die Besteuerung digitaler Betriebsstätten fabulieren und gleichzeitig verhindern, dass Großkonzerne zu mehr Transparenz bei ihrer Steuergestion verpflichtet werden.

An anderer Stelle fehlt dafür das Geld: zum Beispiel zur Finanzierung der Pflege. Diese Position hat der Finanzminister im Budget chronisch unterdotiert. So soll offenbar Druck gemacht werden, um den Pflegeregress wieder einzuführen; ein Projekt, dem sich wesentliche Strömungen in der ÖVP verschrieben haben. Sprich: Während man bei der Mittelschicht augenscheinlich die Meinung vertritt, 100 Prozent Erbschaftssteuer via Pflegeregress ist in Ordnung, dürfen sich die Großsponsoren der ÖVP über ein ordentliches Steuergeschenk freuen.

Diese Koalition ist, wie sich immer deutlicher zeigt, aus einer geistigen Symbiose aus ehemals Konservativen und der völkischen Rechten entstanden. Die Unterwanderung staatlicher Institutionen durch einen deutschtümelnden Geheimbund aus Burschenschaftern; 23 rechtsradikale "Einzelfälle", darunter ein Botschaftsmitarbeiter, der sich ausgerechnet in Israel mit Neonazi-Devo-
tionalien zu posieren traut; Angriffe auf Pressefreiheit und Justiz; Destabilisierung des Sicherheitsapparates durch eine beispiellose Razzia im Verfassungsschutz - all das markiert eine rechte Zeitenwende.

Dagegen aufzutreten ist Aufgabe der Opposition. Es darf sich aber nicht alleine aufs Parlament beschränken. Nicht nur die SPÖ ist aufgefordert, Missstände aufzuzeigen und aufzuklären. Soll das Engagement gegen Schwarz-Blau erfolgreich sein, braucht es die laute Stimme all jener, die an einem offenen, rechtsstaatlichen, proeuropäischen und westlichen Österreich interessiert sind. In dem Chancengerechtigkeit für alle ernstgenommen wird und klar ist, dass uns Emmanuel Macron näher steht als Viktor Orban.