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"Einige Urlauber fragen nach sozialen Standards"

Von Hans-Paul Nosko

Wirtschaft

Die Tourismusindustrie bringt jedes Jahr immer mehr Menschen in immer mehr und immer größere Urlaubsstätten. Damit die solcherart Weiterbeförderten die Bewohner des bereisten Landes würdevoll behandeln, ist Aufklärungsarbeit notwendig. Die österreichische Initiative Respect versucht, den diesbezüglichen Informationsstand zu heben.


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"Das ganze Unglück der Menschen kommt davon, dass sie nicht in Ruhe in einem Zimmer bleiben können."

Ob es nun das ganze oder nur das halbe Unglück ist, das davon herrührt - in dem Ausspruch des französischen Denkers Blaise Pascal steckt viel Wahres. Nur ist es der Menschheit anscheiniend nicht gegeben, auf längere Zeit still zu halten: Denn wirklich interessant ist es ja eigentlich nur dort, wo man gerade nicht ist. "Hinaus in die Welt" hieß folglich seit jeher die Devise, ob es nun darum ging, das Reich der Mayas zu erobern, Gold in Alaska zu finden oder aber die Lebensumstände der Pygmäen zu erforschen.

Ein wenig von all diesem treibt auch heute noch manche Leute in die Ferne. Die einen sind Reisende. Ihre Aufenthalte sind meist mit Ortswechseln verbunden, wobei ihr primäres Interesse ist, die Kenntnisse über andere Länder und Menschen zu erweitern und vielleicht das eine oder andere Abenteuer zu erleben. Es muss ja nicht gleich in Alaska oder in Zentralafrika sein.

Nicht ganz damit gleichzusetzen sind die Urlauber. Sie steuern in der Regel ein fixes Ziel an mit dem Vorsatz, dort auszuspannen, sich zu unterhalten und nachher ausgeruht wieder heimzukehren.

Vor allem für letztere Art des Fortfahrens hat die Fremdenverkehrsindustrie den Pauschal- und den Klubtourismus erfunden: Standardisierte Unterbringung, eine Verpflegung, die von der gewohnten Kost nicht allzu weit entfernt ist, muttersprachliche Betreuung und ein überblickbarer Rahmen an finanziellen Ausgaben.

Und genau dafür wurde und wird im großen Stil "erobert" - in Afrika ebenso wie im ehemaligen Mayareich. Zwar geschieht dies heutzutage nicht mehr mit kriegerischen Mitteln, aber auch nicht durchwegs zum Vorteil der ortsansässigen Bevölkerung. Manche Gegenden sind regelrecht zu touristischen Monokulturen geworden, in denen die Einheimischen sich auf Gedeih und Verderb dem Fremdenverkehr verschrieben haben.

Die Frage ist nun, wie Reisende und Urlauber den Einheimischen gegenübertreten: Mit einem unbedingten Anspruch auf Dienstleistung und Unterhaltung à la "Die leben von meinem Geld und müssen daher dienen" oder mit einem gerüttelt Maß an Achtung.

"Es hat sich etwas verbessert", glaubt Christian Baumgartner. Er leitet die österreichische Initiative Respect, die sich für eine verantwortungsbewussten Tourismus - besonders in Länder der dritten Welt - einsetzt.

Es gebe in Österreich eine zunehmende Sensibilisierung für das Thema "Nachhaltigen Tourismus, was sich zum einen in Reaktionen der Reisenden selbst zeige. Baumgartner: "Einige achten bereits auf die sozialen Gegebenheiten im Urlaubsland."

So würden Reisende in Entwicklungsländern schlechte Arbeitsbedingungen der einheimischen Bevölkerung im Hotel selbst beanstanden oder immer öfter nach orstansässigen Reiseführern fragen.

Darüber hinaus hat Respect speziell zum Thema "Sextourismus" Informationen erarbeitet. Zwar hätten sich alle österreichischen Reiseveranstalter verpflichtet, Mitteilungen über das Problem des sexuellen Missbrauchs von Kindern in ihre jeweiligen Broschüren einzuarbeiten - von den "Fernostspezialisten", die beispielsweise Thailand im Programm haben, hat dies allerdings erst ein einziger Veranstalter getan. "Die anderen sind leider noch säumig", bedauert Respect-Chef Baumgartner.

Der Verhaltenskodex, auf den sich die gesamte inländischen Reisebranche geeinigt hat, umfasst die Aufnahme des Tehmas "Kindesmissbruach" in die Konzernpolitik, die entsprechende Schulung der Mitarbeiter, die Information der Kunden, die Schulung der Reiseleiter am Urlaubsort sowie den Einbau entsprechender Klauseln in die Verträge der Hotels und einen jährlichen Bericht zum Thema sexuelle Ausbeutung von Kindern.

Baumgartner weiß allerdings, dass man hier wie in allen anderen Bereichen des Tourismus auf langfristige Strategien setzen muss: "Auch die Sensibilisierung für ökologische nachhaltigkeit im Tourismus hat einige Zeit gebraucht."