Neuer Van Rompuy-Vorschlag und gedämpfte Erwartungen.|Parlamentspräsident Schulz droht mit Veto.
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Brüssel. Kaum Fortschritte und Skepsis über eine Einigung für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 kennzeichneten den ersten Tag des EU-Finanzgipfels am Donnerstag in Brüssel. Langen Vorgesprächen der 27 Staats- und Regierungschefs mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy folgte am späten Abend der offizielle Beginn der Sitzung. Diese dauerte nicht allzu lange und wurde kurz nach Mitternacht nach der Vorlage eines neuen Vorschlags von Van Rompuy unterbrochen.
Freitagmittag werden die Gespräche fortgesetzt. Allerdings sind die Erwartungen gedämpft. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es gebe zwei Lager. Auf der einen Seite stünden die Staaten, die sich mehr Wachstum wünschten und dafür EU-Gelder bräuchten, auf der anderen Seite die Nettozahler, deren Ziel ein Rückfluss ihrer Mittel sei. Der Gipfel werde "wahrscheinlich kein Ergebnis bringen", vielmehr dürfte es eine zweite Etappe geben.
Faymann: "Nicht total zerstritten"
Österreichs Kanzler Werner Faymann meinte, die Staats- und Regierungschefs seien "nicht total zerstritten, das ist sicher übertrieben". Allerdings scheine es mit der Haltung der Briten ein "besonderes Problem" zu geben. Ob am Freitag ein fertiges Konzept oder ein Beschluss vorliegen werde, "würde ich nicht garantieren". In Zeiten, wo es um Wachstum gehe, müsse man etwas zustande bringen, sagte Faymann. "Das muss nicht unbedingt Freitagnachmittag sein, das kann durchaus auch Jänner oder Februar sein".
Sollte es doch zu dem Kompromiss unter Van Rompuys Vermittlung kommen, so könnte dieser laut Angaben Faymanns gute Neuigkeiten für Österreichs Bauern bringen. So soll es statt einer ursprünglich geplanten Kürzung auf 2,9 Milliarden Euro (von 4,1 Mrd. im vorherigen Finanzrahmen) bei der ländlichen Entwicklung nun 700 Millionen Euro mehr für Österreich geben. Dies würde einen Betrag von 3,6 Milliarden ausmachen. Allerdings müsse noch abgewartet werden, was in den anderen Kapiteln passiere.
Angesprochen darauf, ob die Gesamtsumme von minus 75 Mrd. Euro gegenüber dem Kommissionsvorschlag für den siebenjährigen EU-Finanzrahmen unverändert geblieben sei und es nur Umschichtungen zwischen den einzelnen Bereichen gegeben habe, sagte der Kanzler, genau werde man dies erst Freitagvormittag wissen. Auf der anderen Seite sieht Faymann aber praktisch kein Entgegenkommen beim Rabatt. "Wir vertreten den Rabatt massiv, aber da gibt es auch einige andere, viele andere, die ihn auch haben wollen. Da gibt es noch keine positiven Signale". Er werde allerdings Freitagvormittag noch ein zweites Gespräch mit Van Rompuy haben.
Schulz droht mit Veto
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, drohte indes den EU-Staats- und Regierungschefs mit einem Veto gegen Kürzungen am EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020. "Je weiter sich Ihr Vorschlag von dem Kommissions-Entwurf entfernt, desto wahrscheinlicher ist, dass er abgelehnt werden wird", warnte Schulz die 27 EU-Regierungschefs in einer gemeinsamem Sitzung in Brüssel. Er reagierte damit auf die Forderungen etlicher Regierungen wie Deutschland oder Großbritannien, den Finanzrahmen auf unter eine Billion Euro zu reduzieren.
Das neue Van Rompuy-Papier sieht bei einem gleichbleibenden Kürzungsrahmen dem Vernehmen nach Umschichtungen in der Form vor, dass acht Milliarden Euro für die Landwirtschaft gegenüber dem Erstentwurf dazukommen, etwas über zehn Milliarden mehr soll es bei der Kohäsion geben, dafür werde im Gegenzug der Infrastruktur-Bereich gekürzt.
Die EU-Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, dass die Europäische Union für die siebenjährige Finanzperiode 1.091 Milliarden Euro an Verpflichtungen zur Verfügung haben sollte. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte als Kompromiss ein Volumen von etwas über eine Billion vorgeschlagen. Die Beratungen am Donnerstag in Brüssel zeigten aber, dass dies Großbritannien, Schweden, den Niederlanden und Deutschland nicht weit genug geht.