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Einigung auf Investitionsfonds

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Institutionen verständigen sich auf Finanzierung des Programms zur Ankurbelung der Wirtschaft.


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Brüssel. Nach 13 Stunden Verhandlungen war die Freude ob der Einigung groß: In einer nächtlichen Gesprächsrunde verständigten sich Vertreter von EU-Kommission, -Parlament und Mitgliedstaaten auf Details des neuen Investitionsfonds. Der Topf ist das Kernstück eines breit angelegten Plans der EU-Kommission zur Ankurbelung der Wirtschaft. Das Programm sieht bis 2017 Investitionen im Umfang von 315 Milliarden Euro vor, wobei die Schwerpunkte auf dem Ausbau der Energieunion, der Infrastruktur oder des digitalen Netzes liegen.

Bei der Berechnung der Summe setzte die Kommission auf eine Hebelwirkung, und im Mittelpunkt steht dabei der bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) eingerichtete Fonds. Dieser soll mit 21 Milliarden Euro gespeist werden, wovon 16 Milliarden in Form von Garantien aus dem EU-Haushalt kommen. Fünf Milliarden Euro steuert die EIB bei. Die Bank soll dann Kapital in Höhe von 60 Milliarden Euro aufnehmen und mit dieser Starthilfe um Investoren werben. Diese sollen die Mittel dann verfünffachen.

Doch aus welchem Posten des Unionsbudgets ein Teil des Geldes kommen soll - darüber gingen die Meinungen in den EU-Institutionen auseinander. Das Parlament wehrte sich dagegen, Mittel aus Forschungs- und Infrastrukturprogrammen wie "Horizon 2020" oder "Connecting Europe" abzuzweigen. Zu Umschichtungen wird es nun trotzdem kommen, doch sieht der Budgetentwurf der Kommission für das kommende Jahr sowieso eine Erhöhung der Beträge für "Horizon 2020" vor. Aus diesem Programm werden 2,2 Milliarden Euro in den Investitionsfonds fließen, und 2,8 Milliarden Euro kommen aus "Connecting Europe".

Haushaltskommissarin Kristalina Georgieva zeigte sich mit dem Kompromiss zufrieden. Der Investitionsplan komme den Bürgern und den Unternehmen zugute, befand sie. Und drängte auf rasche Umsetzung. Die Mitgliedstaaten müssen der Verständigung noch zustimmen, das Plenum des Parlaments ebenfalls.

Umstrittene Projektliste

Die Unterhändler des Abgeordnetenhauses sind zuversichtlich, dass das für Ende Juni angesetzte Votum positiv ausfallen wird. Denn auch sie loben die Einigung. Von einem "wichtigen Schritt für Europa" spricht etwa der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas. Der Investitionsplan solle dabei helfen, "die besten Ideen" zu fördern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Erhofft werden rund zwei Millionen neue Jobs.

Aber auch aus den Reihen der Grünen im EU-Parlament kamen anerkennende Worte. Es konnte nämlich verhindert werden, dass der Plan "zu einer Wunschliste für Projekte aus Mörtel und Beton verkommt", erklärte der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher, Sven Giegold.

Eine erste Sammlung von Ideen, eine Liste mit rund 2000 Projekten, hatte nämlich für Unruhe gesorgt - nicht nur in der Volksvertretung, sondern auch in den Mitgliedstaaten. Denn unter den Vorhaben fanden sich auch der Aus- und Neubau von Atomkraftwerken, was Länder wie Österreich heftig ablehnten. Die Förderung von Nuklearenergie ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, doch werden erneuerbare Energien in den Mittelpunkt gerückt.

Die meisten Pläne haben aber sowieso kaum Chancen auf Realisierung. Die Liste solle nicht überbewertet werden, hieß es aus der EIB. Sie diene schlicht als Beweis, dass es genug Projekte in der EU gäbe. Für deren Auswahl sind jedenfalls die EIB und ihre Experten zuständig.

Die ersten Vorhaben haben sie bereits eingeleitet, auch wenn der Investitionsfonds erst ab Herbst seine volle Funktionsfähigkeit erreicht. So gab die EIB vor einem Monat ihre Unterstützung für Projekte in Kroatien, Italien, Irland und Spanien bekannt: für den Ausbau des Flughafens in Dubrovnik ebenso wie für die Modernisierung eines Stahlwerks. Und später folgten weitere Kreditzusagen: unter anderem für Maßnahmen zu mehr Energieeffizienz, die in Frankreich die Stromrechnungen von 40.000 Haushalten senken und in Finnland einer Fabrik dabei helfen sollen, die Industrieabgase zu reduzieren.

Die EIB selbst kann hingegen kaum mit Finanzhilfe der Staaten rechnen, obwohl die Kommission dafür geworben hat. Zwar haben einige Länder ihre Beteiligung zugesagt, doch lassen sie das Geld nicht in den Investitionsfonds direkt fließen, sondern wollen Projekte über ihre nationalen Förderbanken initiieren. Bisher haben dies Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Spanien und Luxemburg deklariert.