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Einigung im Textilstreit

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU lässt rund 40 Millionen Textilien mehr herein. | China verzichtet auf Teile der Kontingente für 2006. | Brüssel/Peking. Am Montagnachmittag einigten sich EU-Handelskommissar Peter Mandelson und der chinesische Handelsminister Bo Xilai beim EU-China-Gipfel in Peking nach langem Tauziehen auf eine Lösung des jüngsten Textilstreits. Mehr als 80 Millionen Produkte aus China werden derzeit in europäischen Zolllagern festgehalten, weil sie erst im Juni wieder eingeführte Importquoten übersteigen. Nun soll eine Hälfte China verrechnet werden, die andere will die EU schlucken.


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Die Lasten würden durch den Kompromiss "freundschaftlich geteilt", sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Auch Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao nannte das Ergebnis "für beide Seiten gerecht". Die Mitgliedstaaten müssen dem Deal noch zustimmen, damit er in Kraft treten kann. Die erste inhaltliche Diskussion dazu wird heute, Dienstag, stattfinden. Eine Entscheidung soll spätestens nächste Woche fallen, hieß es in der Kommission.

Baldige Freigabe

"Nicht perfekt" aber den "Umständen entsprechend eine gute Lösung für Europa" sei der Kompromiss, sagte Mandelsons Kabinettschef Simon Fraser in Brüssel. Damit sollen die riesigen Textilmengen schon "sehr bald" freigegeben werden. Immerhin gut 40 Millionen Textilien will die EU bei den Quoten von 2005 nicht berücksichtigen. Damit sind die Importe von chinesischen Textilien in die EU größer, als ursprünglich vereinbart. Die anderen 50 Prozent werden aber auf die Importkontingente für 2006 und noch wenig genutzte Kategorien wie Baumwollstoffe verrechnet.

Statt wie ursprünglich vereinbart rund zehn Prozent, dürfen die Importe aus China nächstes Jahr dadurch nur noch zwischen 7,5 und fünf Prozent steigen. Um zehn Millionen Pullover, neun Millionen Hosen und sechs Millionen Büstenhalter reduzieren sich die Kontingente. Während acht der zehn Kategorien des so genannten Shanghai-Abkommens für dieses Jahr ausgeschöpft sind, dürften chinesische Baumwollstoffe nicht mehr so beliebt sein. Selbst nach dem Transfer des restlichen Überschusses in diese Kategorie, bestehen dort "weitere Kapazitäten", erklärte ein Spezialist der Kommission. Die Baumwollquote sei selbst dann erst zu 60 Prozent ausgeschöpft.

Gemeinsame Kontrolle

Eine gemeinsame EU-China-Arbeitsgruppe soll in Zukunft die Umsetzung des Textilabkommens überwachen und kontrollieren. Darüber hinaus hat Peking zugestimmt, keine Exportlizenzen mehr für Waren zu genehmigen, deren Kontingente ausgeschöpft sind. So sollen Probleme wie diesen Sommer in den nächsten zwei Jahren vermieden werden.

Der britische Premier und amtierende EU-Ratspräsident Tony Blair sieht einer Einigung zwar zuversichtlich entgegen. Grundsätzlich ist Europa bezüglich der Textilimporte aber gespalten. Erst Anfang des Jahres wurden die Importe nach zehnjähriger Vorlaufzeit freigegeben. Auf Druck der Textilproduzenten Frankreich, Italien, Spanien und Portugal führte die Kommission nach schwierigen Verhandlungen mit den Chinesen im Juni neuerlich zeitliche begrenzte Quoten ein. 2008 ist diese Übergangszeit vorbei. Bis dahin müssen sich die europäischen Textilproduzenten endgültig auf die harte Konkurrenz eingestellt haben. Immerhin rückte China mittlerweile zum zweitgrößten Handelspartner der EU-25 - hinter den USA - auf. Ein EU-Indien-Gipfel folgt morgen, Mittwoch.

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