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Einigung unter Schmerzen

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik

Kosovo und Serbien verständigen sich auf gemeinsame Grenzkontrollpunkte.


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Zagreb/Belgrad. Für die Kosovaren bedeutet die Einigung mit Serbien das Aufstellen einer Grenze, für die Serben lediglich gemeinsame Kontrollpunkte. Was am Dienstagabend in Brüssel zwischen dem serbischen Premier Ivica Dacic und seinem kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaci, unter der Moderation der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, verhandelt wurde, war jedoch eindeutig ein Fortschritt im Dialog der beiden Staaten. Ab kommendem Montag sollen kosovarische und serbische Polizisten und Zollbeamte die Übergänge in Jarinje in Nordkosovo und Merdare im Süden Serbiens gemeinsam kontrollieren.

Serbien weigert sich, die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz, die der Kosovo 2008 erklärt hatte, anzuerkennen. Gleichzeitig aber ist der serbischen Regierung klar, dass es ohne Zugeständnisse keinen Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der EU gibt.

Dacic war diesbezüglich vor dem Gespräch in Brüssel seinen Landleuten gegenüber mehr als deutlich: "Ich werde nie unterschreiben oder anerkennen, dass der Kosovo ein unabhängiger Staat ist. Aber bei manchen Dingen wird uns niemand fragen", sagte Dacic. "Wir haben im Krieg (1999, Anm.) nicht gewonnen. Denn hätten wir gewonnen, wären wir nicht in dieser Situation." Er appellierte, keine "vergeblichen Opfer" zu bringen und richtete sich dabei an die Serben im Nordkosovo, aber auch an Vertreter der Serbisch-Orthodoxen Kirche, die seit jeher das nationale Ehrgefühl verteidigen.

Weitere Posten vereinbart

Die Serben, die im Norden des Kosovo leben und Prishtina nicht als ihre Hauptstadt anerkennen wollen, stiegen unterdessen auf die Barrikaden. Sie blockierten in der Nacht auf Mittwoch die Errichtung des Kontrollpunkts in Jarinje und forderten von der serbischen Regierung und dem Staatspräsidenten ein Versprechen, dass im Norden des Kosovo keine Grenze errichtet wird. In Brüssel wurden jedoch bereits zwei weitere Grenzposten, in Brnjak und Konculj, vereinbart, die bis Ende des Jahres stehen sollen. Außerdem verständigten sich Dacic und Thaci auf die Entsendung von Verbindungsbeamten. Die Verbindungsbüros sollen auf neutralem Boden, in den EU-Delegationen in Belgrad und Prishtina, eingerichtet werden. Serbien will den Eindruck vermeiden, dass man den Kosovo schon anerkannt hätte.

Bei der serbischen Bevölkerung verfestigt sich jedoch der Eindruck, auf der Verliererseite zu stehen. Zum einen wurden die Freisprüche des Haager Kriegsverbrechertribunals für die kroatischen Ex-Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac und den ehemaligen Kosovo-Premier Ramush Haradniaj als große Ungerechtigkeit empfunden - Haag hatte bisher nur Serben wegen Kriegsverbrechen verurteilt. In Belgrad demonstrierten am Dienstag Studenten, aber auch Neonazi-Gruppen gegen die Entscheidungen. Zum anderen wird immer deutlicher, dass ihnen der Kosovo abhanden gekommen ist.

Serbien aber spürt den wirtschaftlichen Druck, sich auf die EU einzustimmen, daher kommen auch gemäßigte Worte von der serbischen Führung. Heute, Donnerstag wollen sich Premier Dacic und Präsident Tomislav Nikolic mit Vertretern der Kosovo-Serben treffen, um die Beschlüsse aus Brüssel genau zu kommunizieren.

EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle erwartet eine Normalisierung der Verhältnisse während der serbischen EU-Verhandlungen. Nach Worten des serbischen Premiers wird das Datum für den Auftakt der Verhandlungen mit Serbien allerdings im Dezember noch nicht fixiert.