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Einkaufszentren sind tödliche Konkurrenz für Nahversorgung

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Einkaufszentren und Fachmärkte um und in der Stadt sprießen schon seit Jahren. Was als Shopping-Paradies begann, wurde zum Tod für die Nahversorger. Das Geschäftesterben in den Wiener Einkaufsstraßen, aber auch in Nebenlagen, nimmt kein Ende. Handlungsbedarf hätte es schon seit geraumer Zeit gegeben. Nun will die Wirtschaftskammer Wien (WKW) diesen Trend zumindest in eine andere Richtung lenken.


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Jetzt wird es selbst der Wirtschaftskammer, aber auch der Wiener ÖVP zu viel: Derzeit beanspruchen die Einkaufszentren rund 350.000 m² Verkaufsfläche. Die Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt hingegen schrumpfen. In den nächsten Jahren sollen in Wien zusätzlich 340.000 m² EKZ- und Fachmarktflächen entstehen. Doch wer hat die Zeche dafür zu bezahlen?

WKW-Präsident Walter Nettig bringt es auf den Punkt: "Die Kaufkraft der Wiener ist nicht beliebig vermehrbar. Wenn diese Zentren entstehen, schafft das massive Probleme für die eingesessenen Betriebe." Der Kaufkraftabfluss würde rund 360 Mill. Euro (5 Mrd. S) betragen - der Jahresumsatz von 1.000 kleinen Betrieben. Die Folge: Die Nahversorger müssen zusperren und vor allem ältere Kunden ohne Auto blieben auf der Strecke, weil es in der Nähe der Wohnung kaum noch Geschäfte gibt.

Trotz trüber Aussichten übt sich Nettig in nobler Zurückhaltung und outet sich als EKZ-Dulder, sofern sich das Einkaufsvergnügen in verkehrsgünstiger Lage ansiedelt. Denn ein kleines EKZ - um 1.000m² - in der Stadt könnte sogar die Gegend und deren Handel beleben. Der 19.000 m²-Einkaufstempel am Columbusplatz wird interessanterweise von der WKW begrüßt. Ein striktes Nein hingegen gibt es zu den Bauvorhaben im Süden und Nordosten Wiens: Das EKZ-Brachmühle in der Nähe des Rautenwegs findet keinen Befürworter. Denn gerade solche Lagen sind nur mit dem Auto erreichbar und zum Großteil am "Verkehrshorror" auf den Wiener Straßen schuld.

Volker Plass von der Grünen Wirtschaft ist über das späte Wehklagen von ÖVP und Kammer erstaunt. Noch dazu, wo VP-Obmann Bernhard Görg als Planungsstadtrat die Möglichkeit gehabt hätte, Flächen nicht zu widmen. Görg verweist auf seine Versuche, den EKZ-Boom zu bremsen. Doch er konnte sich nicht durchsetzen, die unsägliche Verteilung von Planung und Baubehörde auf zwei Ressorts hätte die Bemühungen vereitelt. Und so konnte der findige Eigentümer der "Welle" beim Gewerbepark Stadlau ganz legal eine Riesenfläche zusammenstoppeln, indem er jeweils zehn Geschäftslokale mit der Maximalgröße von 2.500 m² beantragte. Deshalb fordert Görg die Konzentration von Planung, Flächenwidmung und Baubehörde in einer Hand. Plass verweist auf den verheerenden Zusammenhang zwischen Straßen- und EKZ-Bau und wirft sowohl Nettig als auch Görg halbherzige Symptombekämpung vor.