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Einladung ins Boot der Klimaschützer

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Am 16. Februar wird das Kyoto-Protokoll nach der Ratifizierung durch Russland endlich in Kraft treten können. Die erste Phase der Verpflichtungen, mit denen die Unterzeichnerstaaten die Klimaerwärmung stoppen wollen, endet 2012. Schon jetzt macht sich die EU-Kommission Gedanken, wie es danach weiter gehen soll. Ihre nun vorgestellten Überlegungen werden von Umweltschützern aber als Rückschritt kritisiert.


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"Bei der Bekämpfung des Klimawandels haben wir nicht der Möglichkeit der Wahl - er ist ein zwingende Notwendigkeit", erklärte Umweltkommissar Stavros Dimas bei der Präsentation des Strategiepapiers der Brüsseler Behörde. "Wir werden weiterhin durch unsere Führungsrolle beispielgebend sein, aber wir werden auch unsere internationalen Partner nachdrücklich dazu drängen, an Bord zu kommen".

Genau diese Führungsrolle geben die Europäer aber mit dem vorliegenden Papier auf, meinen Kritiker. Ihnen gehen vor allem die bindenden Zielvorgaben ab. An der Absicht, die Klimaerwärmung auf zwei Plusgrade gegenüber den Werten vor der Industrialisierung zu begrenzen, wird zwar festgehalten, das Eckwerte von 15 bis 50 Prozent, um die die weltweiten Emissionen zu verringern sind, haben sich aber verändert - nun ist lediglich von "mindestens 15 Prozent bis 2050 gegenüber dem Stand von 1990" die Rede. Der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin hatte noch bei der Weltklimakonferenz in Buenos Aires Mitte Dezember betont, eine Reduzierung um die Hälfte bis 2050 sei notwendig, um die Zwei-Grad-Grenze zu halten. Der luxemburgische Ressortchef Lucien Lux betonte jüngst das Einsparziel von 30 bis 40 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen bis 2020 und fügte hinzu: "Was den Zeitraum bis 2050 angeht, müssen wir sogar wesentlich darüber hinausgehen."

"Persönlich bin ich auch für Zielvorgaben", erklärte dazu Dimas, "aber sie müssen zum richtigen Zeitpunkt gesetzt werden". Und der sei jetzt noch nicht gekommen, meint der Umweltkommissar: "Wir wollen gewisse Länder im Moment nicht mit Zielvorgaben erschrecken. Wir wollen einen Weg finden, mit ihnen zu diskutieren und in Verhandlungen zu treten." Dimas nennt auch deutlich die Nationen, die er "mit ins Boot" holen will - die USA, China und Indien. Die USA, die freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie gegenüber konkreten Zielvorgaben bevorzugen, sind schon heute die größten Schadstoffproduzenten der Welt. Dieser unrühmliche Spitzenplatz wird ihnen aber in den kommenden Jahren von China und Indien aufgrund ihrer Bevölkerungsgröße und ihrer wachsenden Wirtschaft streitig gemacht. All diese Staaten haben sich bisher dem Kyoto-Protokoll verweigert. Die Grünen-Fraktion im Europa-Parlament (EP) kritisierte folglich, die EU-Kommission mache ihre Klimaschutzpolitik von anderen Staaten abhängig.

Beim Europa-Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice war der Klimaschutz noch kein Thema, beim Besuch von Präsident George W. Bush am 22. Februar will die Kommission das Thema aber ansprechen, ehe die europäischen Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel im März über den Strategieplan reden werden. Allzu viel erwartet sich Dimas aber davon vorerst nicht: "Welche Möglichkeiten haben wir denn im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten?", fragte er.