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Wer der nächste Bundespräsident sein wird, steht nach menschlichem Ermessen fest. Heinz Fischer sollte sich heftig darum bemühen, der letzte Wiedergewählte in der Hofburg zu werden.
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Wischen wir einmal den weit verbreiteten Frust über die äußeren Umstände der kommenden Bundespräsidentenwahl von der Seele und geben uns einer Analysesitzung hin. Es spielt sich in diesen "Wahlkampfwochen" etwas ab, was die Väter der Verfassung vermutlich so nicht voraussehen konnten, aber wohl in Kauf genommen hätten.
Denn rein theoretisch funktioniert die von ihnen gewünschte Volkswahl so ideal wie selten. Unter den drei Kandidaten ist nur Barbara Rosenkranz eine von einer Partei aufgestellte Bewerberin.
In einem parteipolitisch von der Wiege bis zur Bahre durchorganisierten Volk wie dem österreichischen führt so etwas fast zwangsläufig zur Verunsicherung. Diese geht so weit, dass vor allem die ÖVP gefragt wird, ob sie mit ihrer Enthaltsamkeit noch recht bei Trost ist und ob sie vielleicht sogar, wenn einige ÖVPler die Abgabe ungültiger Stimmen empfehlen, nicht in Kumpanei mit Rechtsradikalen gerät. Dieser Verdacht entspringt allerdings nur einem Salto grün-intellektueller Logik.
Heinz Fischer reitet währenddessen oberhalb der parteipolitischen Vulkanasche wie ein einsamer Held dem Wahlsieg entgegen. Er hätte eine größere Herausforderung seitens der anderen Kandidaten verdient, vielleicht sogar eine so große, dass er sich doch gerne unter den Schutzmantel der SPÖ gestellt hätte, aus der er kommt. Und sich auch gut überlegt hätte, ob er eine TV-Konfrontation mit den Rivalen einfach ausschlägt. Das alles konnte er sich ersparen. Der Wahlkampf des Lonely Heroe erschöpft sich darin, Termine diszipliniert abzuhaken.
In der Praxis funktioniert also das Volkswahl-Modell doch nicht so glorios, schon gar nicht in Bezug auf die Passivwahl-Komponente. Jede Person kann sich als Kandidat aufstellen lassen, sofern sie die nötigen Unterschriften zusammentreibt und nichts ausgefressen hat. Gerade deshalb wurde es in der Vergangenheit als hilfreich empfunden, wenn Parteien die Richtung vorgeben.
Fischer hat die Problemlage in der ORF-"Pressestunde" richtig erkannt: Ein respektables Staatsoberhaupt, das sich um Wiederwahl bewirbt, ist nahezu unschlagbar. Den Wählern wird die Wahlmöglichkeit genommen, weil sie wissen, was sowieso herauskommt.
Fischers Standpunkt, dass sich die Österreicher seit 1945 "politisch immer sehr vernünftig verhalten haben", löst das Dilemma nicht. Genügt nicht eine einzige Amtsperiode, nach der auf jeden Fall ein Personenwechsel in der Hofburg stattfinden müsste? Selbstverständlich. Sechs Jahre Amtszeit für einen Bundespräsidenten sind schon ganz schön ausgiebig. Gesetzt den Fall, man würde noch ein oder zwei Jahres zulegen, so könnten die Österreicher gern auf die Perpetuierung dessen, was sie haben und schätzen, verzichten.
Die nötige Verfassungsänderung wird sich freilich als haarig erweisen. Ist sie überhaupt vorstellbar? Man muss es versuchen. Wobei von vornherein feststeht, dass Fischer selbst, der sechs Jahre zur Verfügung haben wird, der Kronzeuge im politischen Geschäft sein müsste. Ohne die aktive Mithilfe des amtierenden Bundespräsidenten als versierter Moderator kann es nicht gelingen. Er brächte nicht nur Sachverstand, sondern auch Glaubwürdigkeit ein. Nimmt er diesen Anlauf nicht, sollte man das Thema gleich nach seiner Wiederwahl begraben.
Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor "Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".