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Einmal forsch digital ausgespuckt

Von Christina Böck

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"Ein Suizid wäre ein großes Signal Vorteil wenn sie tot sind, müssen sie die hässlichen nicht mehr länger ertragen". Diesen interpunktionsschwachen Satz richtete ein gewisser Franz Bremer, selbst ernannter "Denker", diese Woche der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff via Twitter aus. Wieso so unhöflich, möchte man fragen. Aber wenn man ihn fragt, muss man viele fragen, die umgangsformentechnisch auf Twitter über die Stränge geschlagen haben. Dort wurde nämlich Lewitscharoff abgeurteilt dafür, dass sie, wie die aufgebrachte Menge wusste, keine hässlichen Menschen sehen wolle. Dabei, da war sich der Digitalmob einig, ist die Lewitscharoff ja auch nicht gerade ein Model.

Nun hat Lewitscharoff eine Shitstorm-Vorgeschichte. Im März hatte sie eine befremdliche Rede gehalten, in der sie gegen künstliche Befruchtung gewettert hat. Sie gewinnt also keinen Beliebtheitscontest mehr. Nichtsdestotrotz sollte man ihr den Respekt erweisen, erst zu lesen, was sie wirklich geschrieben hat, bevor man virtuell vor ihr ausspuckt. Und nicht nur auf häppchenhaft verbreitete Info vertrauen. Denn eigentlich hat Lewitscharoff in einer launig gemeinten Mode-Kolumne der "Süddeutschen" erklärt, dass ihr zu wenig Stoff an einigen Figur- und Altersklassen nicht gefällt und dass sie Männer im Anzug attraktiver findet als im Unterhemd. Diese Meinung kann man teilen oder nicht. Aber man muss es schon noch aushalten, dass jemand diese Meinung hat. Denn was eine Twitter-Scharfrichterin da schrieb, klingt so gar nicht nach moderner Demokratie: "Und es gibt doch Menschen, denen man das Sprechen verbieten sollte."