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Geben ist seliger denn nehmen. An dieses biblische Wort hält sich nun auch Rudolf Hundstorfer.
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Am weiteren beruflichen Schicksal der ausgeschiedenen Regierungsmitglieder nehmen die Medien ausgiebig Anteil. So kursiert seit Wochen das Gerücht, Ex-Außenministerin Ursula Plassnik werde die österreichische Botschaft in Washington übernehmen.
Tut sie nun aber doch nicht. Die Reise über den großen Teich reizt Plassnik angeblich nicht, stattdessen sehe die nunmehrige einfache Parlamentarierin ihre Zukunft in europäischen Zusammenhängen. Was natürlich prompt zu Spekulationen führt, sie liebäugle mit dem Posten des österreichischen EU-Kommissars.
Der befindet sich zwar seit 15 Jahren in ÖVP-Händen, was sich jedoch - zumindest aus Sicht der Kanzler-Partei SPÖ - genau aus diesem Grund wieder einmal ändern sollte. Ex-Justizministerin Maria Berger, die dieser Tage wieder ins EU-Parlament zurückkehrte, ist dafür von roter Seite im Gespräch.
Apropos im Gespräch: Als möglicher Spitzenkandidat der ÖVP für die kommende EU-Wahl am 7. Juni fällt in bürgerlichen Kreisen immer häufiger der Name Wolfgang Schüssels. Dahinter steckt weniger der x-te Versuch diverser Schüssel-Kritiker, den Alt-Kanzler aus dem ÖVP-Klub zu entfernen, vielmehr soll die EU-Wahl dadurch politisch aufgewertet werden. Schüssel wird zugetraut, dass er diese ansonsten von Österreichs Parteien lieblos behandelte Wahl mit einer europäischen Vision für Österreich versehen kann.
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Ministersein ist zweifellos eine feine Sache und für die überwiegende Mehrheit der Österreicher ein Karrieresprung, um den man beneidet wird. Was aber bewegte Rudolf Hundstorfer, Präsident des mächtigen ÖGB, zum Sozialminister herabzusteigen?
In der machtpolitischen Realverfassung der Zweiten Republik rangiert der ÖGB-Chef ganz eindeutig vor jedem Minister dieses Landes, ausgenommen vielleicht jenem für Finanzen. Daran hat im Land der verfassungsrechtlich eingetragenen Sozialpartnerschaft auch die Bawag/ÖGB-Affäre allenfalls vorübergehend etwas geändert.
Die jüngsten Berichte, wonach nach all den schmerzhaften Spareinschnitten immer noch rund 15 Millionen Euro von der ÖGB-Zentrale zu viel ausgegeben werden, um den vereinbarten Finanzfahrplan 2010 einzuhalten, würden immerhin aus Sicht Hundstorfers eine zutiefst menschliche Erklärung bieten: Irgendwann hat jeder vom Sparen genug . . .
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Drei Tage lang rang die CDU diese Woche um ihren künftigen Kurs. Öffentlich, wohlgemerkt. Dabei ging es um die Linie der Partei von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel in so zentralen Fragen wie Steuerreform, Gentechnologie, demographischen Wandel und natürlich, wie die Wirtschaftskrise bewältigt werden kann. Am Ende fasste die selbstbewusste Basis sogar einen Beschluss gegen den expliziten Willen der eigenen Parteichefin: Die deutsche Sprache soll in der Verfassung festgeschrieben werden.
In Österreich wäre ein solcher Vorgang innerparteilicher Demokratie schlicht undenkbar. Programmatische Debatten über Selbstverständnis und künftigen Kurs der Parteien werden hierzulande allenfalls hinter verschlossenen Türen geführt; ab und zu werden Medien mit G´schichterln über interne Wickel gefüttert. That´s it.
Parteitage sind in Österreich reine Abnickmaschinen längst beschlossener personeller Weichenstellungen. Inhaltliche Debatten? Unerwünscht. Jüngste Beispiele: Die Inthronisationen von Werner Faymann und Josef Pröll als Parteichefs von SPÖ und ÖVP.
Es gilt der Grundsatz, nach dem Diskutieren gleich Streiten ist - und gemäß einer uralten Politweisheit mag der Wähler keine Parteien, die streiten. Glauben die Parteimanager zumindest.
Die letzten, die innerparteiliche Demokratie hierzulande offensiv interpretierten, waren die blauen Rebellen von Knittelfeld.
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