Viele Kärntner - auch Slowenen - für ein Ende der Debatte. | Schwierige Suche nach zweisprachigen Ortstafeln. | Wien. Am Dienstag treffen sich in Klagenfurt Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) und die Vertreter der Kärntner Slowenen zur - wie viele hoffen - finalen Runde der Ortstafelgespräche.
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Nachdem die Gemeinschaft und der Zentralverband der Kärntner Slowenen ja gesagt haben zum Kompromissvorschlag, wonach in Ortschaften mit mehr als 17,5 Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden sollen, hofft man nun, dass auch der Rat unter Valentin Inzko seinen Widerstand aufgeben wird. Dem sind 165 Tafeln zu wenig.
77 zweisprachige Ortstafeln soll es in Südkärnten bereits geben - angeblich, ganz genau weiß das nämlich niemand. Sollten es tatsächlich 77 sein, hat man sie ziemlich gut versteckt, wie die "Wiener Zeitung" bei einem Lokalaugenschein vor Ort feststellte.
Die Tour beginnt in der Gemeinde Rosegg, südwestlich von Villach. Dort soll es laut VfGH-Urteil im Ort Frög/Breg eine zweisprachige Ortstafel geben. Zu sehen ist davon noch nichts (schließlich läuft die Frist bis Ende September). Wir überqueren die Drau, doch weder in Mühlbach/Reka noch in St. Jakob im Rosental/entjakob v Rou werden wir fündig.
Aus Sicht eines pensionierten Eisenbahners, den wir in St. Jakob treffen, braucht es auch gar keine zweisprachigen Ortstafeln: "Hier können alle Deutsch, mehr brauche ich dazu nicht sagen." Überhaupt seien die Ortstafeln nicht das Problem, sondern Slowenisch als Amtssprache. Natürlich könne er selbst Slowenisch, "ich bin aber Kärntner", fügt er schnell hinzu.
"Wir sind alle Kärntner"
Auch die Trafikantin von St. Jakob bezeichnet sich als Kärntnerin, die auch Slowenisch spricht. "Wir sind alle Kärntner", sagt sie. Sie hofft auf eine baldige Einigung im Ortstafelstreit, auf dass die Geschichte "endlich ein Ende findet". Es könne doch kein Problem sein, zweisprachige Tafeln aufzustellen, schließlich gebe es in Italien zum Teil sogar dreisprachige.
Die Fahrt geht weiter. Maria Elend/Podgorje, Hundsdorf/Psinja Ves - keine zweisprachigen Ortstafeln. Suetschach/Sveèe, Heimatort von Ratsobmann Valentin Inzko, hat nicht einmal eine Ortstafel im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Aber auch wenn, mit 15,9 Prozent Slowenenanteil läge es unter der 17,5-Prozent-Hürde.
Was in Suetschach aber deutlich wird: In den Kirchen Südkärntens ist die Zweisprachigkeit fest verankert. Messen finden vielerorts zweisprachig statt - oft auch deshalb, weil der Priestermangel nichts anderes zulässt. Bei der Kirche von St. Johann im Rosental/entjan v Rou zeugt eine Gefallenentafel für den Ersten Weltkrieg von einer Zeit, als man noch gemeinsam focht. Hier wird eines Anton Hornböck ebenso gedacht, wie eines Joef Valentiniè.
Wir verlassen die Rosentalstraße und fahren Richtung Loiblpass. Es geht tief hinein in die Karawanken. Hier werden wir endlich fündig: "Windisch Bleiberg/Slovenji Plajberg" steht auf der Ortstafel. Bei dem Namen ist eine zweisprachige Ortstafel eigentlich kein Wunder, denkt man sich. Allerdings steht diese erst seit sechs Jahren dort, erzählt uns der Bleiberger Kirchenwirt. "Vorher hatten wir gar keine Ortstafel." Das ist keine Seltenheit: Um Streitereien zu vermeiden, wurden vielerorts einfach keine Ortstafeln aufgestellt.
Tote alte Radikale
In Windisch Bleiberg beträgt der Anteil slowenischsprachiger Einwohner laut Volkszählung rund 38 Prozent. Auch die Volksschule ist deutsch und slowenisch angeschrieben. Wirklich slowenisch sprechen tue aber kaum noch jemand hier, sagt der Kirchenwirt, und die Schule stehe seit fünf, sechs Jahren leer. "Schade eigentlich", seufzt der Gastronom, aber es sei halt so. Seine Frau etwa sei nicht aus der Gegend, daher habe man mit den Kindern nur deutsch gesprochen.
Ein wirkliches Thema seien die Ortstafeln in Windisch Bleiberg nicht, weil hier "die alten Radikalen" alle schon tot seien. "Aber vielleicht noch in Zell", sagt der Wirt. Also fahren wir nach Zell Pfarre/Sele Fara, den zweiten Ort auf unserer Tour, der eine zweisprachige Ortstafel hat.
Ob die Zeller radikaler sind als die Bleiberger lässt sich nicht überprüfen. Der Ort ist an diesem Tag wie ausgestorben. Nur ab und zu fährt jemand mit dem Auto vorbei und beäugt den Wagen mit dem Wiener Kennzeichen skeptisch.
Es ist eine schöne, aber sehr einsame Gegend. Rund 700 Menschen leben in der Gemeinde, von denen fast 90 Prozent slowenisch sprechen. Bei der Volksabstimmung 1920 stimmten 97 Prozent der Zeller für den Anschluss an Jugoslawien. Zur Zeit des Nationalsozialismus waren viele Zeller im Widerstand aktiv - und viele starben dafür.
Die nächste Station unserer Reise ist Eberndorf/Dobrla vas im Jauntal. Obwohl im Gemeinderat vier Mitglieder der Enotna Lista, also der Einheitstliste der Kärntner Slowenen, sitzen, haben SPÖ, ÖVP und FPK eine Resolution verabschiedet, wonach Eberndorf "keine zweisprachige Gemeinde ist". "Das Nationale ist auch das Einzige, worin sie sich einig sind", meint dazu eine slowenischsprachige Eberndorferin, die gerade die ehemalige Stiftskirche verlässt.
Diese Politisierung, die Einmischung der Parteien in die Ortstafelfrage, sei das eigentliche Problem, meint Stefan Lesjak, Obmann des Eberndorfer Pfarrgemeinderats. Er hofft darauf, dass sich die Verhandler nun endlich einigen, denn "einmal muss doch Schluss sein" und daher sei diese Lösung besser als keine.
Die Jungen ziehen fort
Für Lesjak ist die Frage der Ortstafeln aber eigentlich nebensächlich. Viel mehr Sorgen bereitet ihm das Schwinden des Slowenischen in Kärnten. Von 80 Prozent Slowenen in Eberndorf 1920 sei der Anteil auf rund 10 Prozent gesunken (trotzdem soll auch Eberndorf gemäß einem VfGH-Urteil zweisprachige Ortstafeln bekommen).
Dass es immer weniger slowenischsprachige Eberndorfer gibt, hat für Lesjak zwei Gründe. Zum einen würden sich viele nicht zu ihren slowenischen Wurzeln bekennen oder seien sich derer gar nicht bewusst, andererseits blieben viele junge, die zum Studieren nach Wien oder Graz gehen, in der Stadt. "Ich hoffe, dass die Jugend eines Tages wieder stolz auf ihre slowenischen Wurzeln ist", sagt Lesjak. "Von dem her müsste eigentlich jeder Ort im Jauntal oder Rosental zweisprachige Ortstafeln haben, denn eigentlich hat jeder hier slowenische Vorfahren", meint Lesjak schmunzelnd.
Wir verlassen Eberndorf und fahren über Proboj - hätte der Weiler eine Ortstafel, wäre sie automatisch zweisprachig, weil der Ortsname auf Deutsch wie auf Slowenisch gleich geschrieben wird - nach St. Kanzian am Klopeinersee/kocjan v Podjuni. Hier begann vor mehr als zehn Jahren der Kampf um die zweisprachigen Ortstafeln vor dem Verfassungsgerichtshof. Damals hatte sich Rudolf Vouk, Rechtsanwalt aus der slowenischen Volksgruppe, selbst angezeigt, weil er innerorts zu schnell gefahren war. Sein Argument: Er habe die Ortstafel nicht als solche erkannt, weil sie nur auf Deutsch beschriftet war. An der einsprachigen Beschriftung dürfte sich in St. Kanzian nichts ändern. Wohl aber in anderen Orten, sollten sich die Verhandler heute, Dienstag, einigen.
Natürlich gibt es einige Orte mit zweisprachigen Ortstafeln, die wir auf unserer Tour nicht besucht haben: Schwabegg, Bleiburg, Ebersdorf. Sie bilden aber die Ausnahme und sind eigentlich auf das südöstlichste Kärnten beschränkt. Alltäglich sind zweisprachie Ortstafeln längst nicht, die Zweisprachigkeit allerdings schon. Neuerdings auch in der Musik. So führt erstmals ein zweisprachiges Lied die Schlagerparade von Radio Kärnten an. Darin lässt uns Ossi Huber wissen: "Wir san alle nur Menschen/Mi smo vsi samo ljudje."