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Einmal neu im Parlament

Von Andreas P. Pittler

Politik

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In den Nationalrat gewählt werden, ist die eine Sache, tatsächlich sein Mandat ausüben, eine andere. Ein neuer Abgeordneter hat eine ganze Menge formaler Schritte zu setzen, ehe er tatsächlich in

Amt und Würden ist.

Der Weg ist steinig

Der Weg zum Parlamentssitz ist steinig hierzulande. Egal, ob telegener Promi oder Basis-Knochenarbeiter, wichtig ist in unserem elektoralen System, zuerst einmal auf eine Parteiliste zu kommen.

Stehen dann nach der Wahl die von der jeweiligen wahlwerbenden Gruppe errungenen Sitze und der eigene Listenplatz in vernünftiger Relation, dann kann man davon ausgehen, daß einem ein Mandat

zugewiesen wird. Für die betreffende Person mutmaßlich ein Grund zum Feiern, doch "Abgeordneter zum Nationalrat" darf sie sich deswegen noch nicht nennen!

"Abgeordneter a.D." ohne Angelobung?

Erst nämlich, wenn der entsprechende Wahlschein hinterlegt und die Parlamentsdirektion ordnungsgemäß in Kenntnis gesetzt wurde, beginnt das parlamentarische Leben. Eine Erkenntnis, die wir

übrigens den Grünen verdanken, die 1986 bei ihrem erstmaligen Einzug in das Hohe Haus noch vor der Angelobung eine Geschäftsordnungsdebatte abführen wollten. Erst aus diesem Anlaß wurde geklärt, ab

wann der Abgeordnete nun Abgeordneter ist · was in weiterer Folge in mehreren Fällen dazu führte, daß sich Politiker "Abgeordnete a.D." nennen können, ohne je angelobt worden zu sein.

Jüngstes Beispiel der FPÖ-Mandatar Karl Leutgöb, der im Mai 1998 für fünf Tage als Nachfolger von Hermann Mentil der freiheitlichen Fraktion angehörte. Ähnlich gelagert war die Situation bei den FPÖ-

Abg. Josef Trenk und Walter Meischberger, die schon zu einem früheren Zeitpunkt ebenfalls dem Hohen Haus angehört hatten.

Doch selbst wenn der Neo-Abgeordnete seinen Wahlschein hinterlegt weiß und vor dem Plenum seine Angelobung geleistet hat, warten noch eine Menge nicht unwichtiger Schritte auf ihn. Zunächst wird ihm

von der Parlamentsdirektion ein Sitzplatz im Plenum angewiesen. Weiters erhält er einige Formulare, die für ihn bedeutsam sind, befinden sich darunter doch der Antrag auf Ausstellung eines

Dienstpasses sowie ein Formblatt C für die Bezugsanweisung. Weiters gibt es einen biographischen Fragebogen und, dies durchaus auch im Interesse der Öffentlichkeit, einen im Hinblick auf das

Unvereinbarkeitsgesetz.

Ist der Dienstpass durchaus einem Diplomatenpass vergleichbar, so leitet der Neo-Mandatar mit seinem Formblatt C die Zuweisung seines Abgeordnetengehalts ein. Sämtliche bezügerechtlichen

Angelegenheiten bearbeitet ebenfalls die Parlamentsdirektion. In ihrer Obhut liegt auch die Standesführung für aktive und ehemalige MandatarInnen sowie deren Hinterbliebene, die An- und Abmeldung bei

Kranken- und Unfallversicherung, die Zahlbarstellung einer allfälligen Bezugsfortzahlung, die Entgegennahme allfälliger Meldungen von MandatarInnen, die im Öffentlichen Dienst stehen sowie die

Berechnung der Pensionsbeiträge.

Hierbei ergibt sich eine Besonderheit für Abgeordnete, die schon vor dem 1. August 1997 eine Funktion nach dem Bundesbezügegesetz ausgeübt haben · etwa im Bundesrat tätig waren oder anrechenbare

Vordienstzeiten aus einer Tätigkeit in einem Landtag vorzuweisen haben ·, denn sie können in das ältere Pensionsschema optieren. Wird man jedoch erstmals Mandatar, so gelten die seitdem in Kraft

getretenen Regelungen.

Gemäß dem Bundesbezügegesetz gebührt dem Abgeordneten übrigens auch ein Ersatz der Aufwendungen, die in der Ausübung des Mandates entstehen. Kommt der Abgeordnete überdies aus Tirol, Kärnten oder

Vorarlberg, so kann er zu den Sitzungen mit dem Flugzeug (anstatt wie sonst üblich mittels Bahn oder Pkw) anreisen.

Für Dienstreisen gibt es eine eigene Reisegebührenvorschrift, nach deren Grundsätzen diesbezügliche Aufwendungen ausgelegt werden.

www.parlament.gv.at

Nicht uninteressant auch die Daten zur Biographie, aus welchen der berufliche und der politische Werdegang des Mandatsträgers hervorgehen sollen. Die Parlamentsdirektion legt in regelmäßigen

Abständen ein "Amtliches Verzeichnis" sowie das "Biographische Handbuch" vor, in denen weiters die Klubzugehörigkeit, der jeweilige Wahlkreis und die Postanschrift aller Mitglieder von National- und

Bundesrat festgehalten sind. Diese Daten sind auch auf der Homepage des Parlaments (http://www.parlament.gv.at) abrufbar.

Von öffentlichem Belang ist schließlich die Frage der Unvereinbarkeit. Nach dem entsprechenden Gesetz sind insbesondere Leitungsfunktionen in Aktiengesellschaften und bestimmten GmbH sowie

Dienstverhältnisse zu einer Gebietskörperschaft meldepflichtig. So dürfen gewisse Funktionen, etwa ein Richteramt oder eine Tätigkeit im Exekutivdienst, nur mit Genehmigung des

Unvereinbarkeitsausschusses auch weiterhin ausgeübt werden.

Die parlamentarische Immunität

Sind alle diese Klippen überwunden, kann der neugewählte Abgeordnete seine parlamentarische Arbeit aufnehmen. In dieser Hinsicht genießt er parlamentarische Immunität, was bedeutet, daß er für

jedwede Äußerung im Nationalrat nur von diesem selbst zur Rechenschaft gezogen werden kann. Eine behördliche Verfolgung eines Mitglieds des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung darf nur mit

Zustimmung des Nationalrates erfolgen, worüber der Immunitätsausschuss berät. Dabei hat es sich aber in den letzten Jahren eingebürgert, bei Ehrenbeleidigungsdelikten durchaus diese Zustimmung zu

erteilen.

Und um die Arbeit in Österreichs Legislative nicht vollkommen allein leisten zu müssen, stehen dem Neo-Parlamentarier gemäß Parlamentsmitarbeitergesetz Mittel zur Verfügung, Dienst- oder Werkverträge

mit einer oder mehreren Personen (Verwandte sind jedoch von dieser Regelung ausgeschlossen) abzuschließen, um hiedurch entsprechende Unterstützung zu erfahren. Einmal so gewappnet, steht der aktiven

Teilnahme am parlamentarischen Geschehen endgültig nichts mehr im Wege. Bis zur nächsten Wahl. Da muss der Parlamentarier dann wieder auf einer Liste stehen. . .Õ

Andreas P. Pittler ist Mitarbeiter der Parlamentskorrespondenz