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Öffnet sich ein neues Fenster zum Universum?
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Wien. Wenn es stimmt, ist es ein Durchbruch für die Kosmologie: Im Internet kursieren Gerüchte, dass Gravitationswellen erstmals direkt nachgewiesen wurden.
Die Entdeckung wäre die nobelpreiswürdige Krönung von Albert Einsteins Forschungsarbeiten. In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie hatte der Physiker vor genau 100 Jahren vorhergesagt, es gebe Wellen in der Struktur des Universums (Raumzeit) als Folgen von gewaltigen Sternenexplosionen und verschmelzenden Schwarzen Löchern oder Neutronensternen. Auch der Urknall habe gewaltige Gravitationswellen freigesetzt, die noch heute durch das Universum wandern.
Eine direkte Messung dieser Wellenform könnte neue Erkenntnisse über die Entstehung des Universums liefern und per definitionem unsichtbare Objekten im All nachweisen. Bisher wurden sie allerdings nur indirekt registriert, etwa über Interferenzmuster von Licht. Auf der Suche nach Beweisen haben Forscher weltweit ihre Messinstrumente geschärft.
Im September begann die führende US-amerikanische Ligo-Arbeitsgruppe, mit neuen, besonders empfindlichen Detektoren zu arbeiten. Wenige Tage nach dem Start verbreitete der renommierte US-Kosmologe, Physiker und Autor Lawrence Krauss über soziale Netzwerke das Gerücht, die Ligo-Geräte hätten "mit 10- bis 15-prozentiger Wahrscheinlichkeit" etwas entdeckt. Die Forscher wollten dies damals jedoch nicht bestätigen und nun legt Krauss nach: "Unabhängige Quellen erhärten mein früheres Gerücht über Ligo. Bleibt dran! Es kann sein, dass die Existenz von Gravitationswellen bewiesen wurde!! Aufregend", postete er am Dienstag auf Twitter. Der britische "Guardian" zitiert ihn dieses Mal mit einer "60-prozentigen Wahrscheinlichkeit".
Die zuständigen Wissenschafter lassen sich allerdings immer noch nicht dazu hinreißen, über ungelegte Eier zu reden. Ligo betont nach wie vor, die Daten befänden sich in der Analyse. "Es ist am klügsten, sich einfach zu gedulden", sagte Alan Weinstein vom Ligo-Experiment dem Online-Technologiemagazin Gizmodo. Auch am deutschen Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover, das mit seinem Geo-600-Detektor an den Messungen beteiligt ist, ließ man sich nicht aus der Reserve locken. "Die Messungen laufen bis (heute) Mittwoch, 16 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Danach werden alle Daten ausgewertet. Das kann Monate dauern, aber erst dann kann man sagen, ob etwas gefunden wurde. Bis dahin bleibt es ein Gerücht", sagte Sprecher Benjamin Krispel am Dienstag zur "Wiener Zeitung" und lässt damit Raum für jede Interpretation.
Um Gravitationswellen zu messen, müssten viele Daten aufgenommen und verglichen werden. Denn die Detektoren selbst erzeugen künstliche Signale, genannt Blind-Injektionen. Sie sehen aus wie Gravitationswellen und dienen unter anderem der Überprüfung. Nur, wenn die Forscher die Finessen der Gravitationswellendetektoren kennen, können sie das echte vom Störsignal blind unterscheiden und eine statistische Aussage treffen.
"Der letzte Tweet des Tages geht an David Bowie", hatte Krauss noch Montag Nacht getwittert: "Ich mochte seine Sachen nicht, aber er half, die Welt interessanter zu machen." Zumindest eines hat der Physiker, der nicht Mitglied von Libo ist, mit der Pop-Ikone gemeinsam: Er weckt Interesse, in diesem Fall für sein Fach. Das zeigen zahlreiche Reaktionen und Retweets.