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Einstimmigkeit weg, EU-Bürger an Bord

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Politik

Führende EU-Abgeordnete fordern Konvent für mehr Demokratie.


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Brüssel. Für mehr Demokratie in der EU muss es einen Konvent für eine EU-Vertragsänderung geben, das EU-Parlament aufgewertet werden, die Einstimmigkeit der Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten in allen Bereichen wegfallen. Darüber sind sich führende österreichische EU-Parlamentarier im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" einig. Vertreten sollen im Konvent die nationalen Parlamente, das EU-Parlament, die Kommission und die Zivilgesellschaft sein, er müsse öffentlich stattfinden, sagt Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter und Vizepräsident der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament.

Künftig entscheidungsbefugt könnten etwa bei einer Wirtschaftsregierung die nationalen und das Europäische Parlament gemeinsam sein, ergänzt Hannes Swoboda, Vizefraktionschef der Sozialdemokraten. Eine Mehrheit wären zum Beispiel zwei Drittel der nationalen Parlamente und die Mehrheit der Stimmen in Brüssel. "So hätten wir einen europäischen Schirm und könnten auf nationaler Ebene ausführlich diskutieren, aber ohne allein eine Blockademöglichkeit zu haben." Denn "die Einstimmigkeit ist ineffizient, undemokratisch und intransparent. Daraus ergeben sich die Probleme, die wir jetzt haben, sie führen zu politischer Instabilität und Widerstand in der Bevölkerung", erklärt Karas. "Wir können nur gemeinsam erfolgreich gestalten, transparent und demokratisch legitimiert durch das Europäische Parlament."

Dieses müsse nach dem Konvent volle Rechte im Gesetzgebungsprozess erhalten, fordert die Grüne Delegationsleiterin Ulrike Lunacek. Der Rat, die Kammer der Mitgliedstaaten in Brüssel, dürfe künftig nicht mehr Exekutive und Legislative zugleich sein, sondern nur gleichberechtigt mit dem Parlament agieren. Zu dessen Neuausrichtung gehörten auch europäische Wahllisten, deren Spitzenteams deklariert als EU-Kommissare kandidieren und diese daher direkt gewählt würden. Die Kandidaten müssten im Wahlkampf für die ganze EU sprechen und nicht nur für einzelne Mitgliedstaaten. Die stärkere Personalisierung der Europawahlen auf EU-Ebene könne die europäische Debatte fördern und "rein populistischen Kandidaturen" den Wind aus den Segeln nehmen, glaubt auch Swoboda.

Derzeit intransparent

"Wenn wir das Ziel der Vereinigten Staaten von Europa nicht verfolgen wollen, wird es nicht demokratischer", erklärt Karas. "Demokratie funktioniert nur über Bürgerbeteiligung und für die ist die umfassende Information der Bevölkerung nötig. Das derzeitige intransparente Vorgehen stärkt dagegen nur Populisten und die schwachen Politiker, die leider immer mehr werden."

Im Fall Griechenland plädiert Lunacek dafür, dass die EU-Spitzen von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso über EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bis zum französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel sich an Ort und Stelle begeben und sich der öffentlichen Debatte stellen, um alles zu erklären - um sichtbarer zu werden. Noch früher setzt Karas an: "Die Regierungen und Politiker der Mitgliedstaaten und die Medien müssen die Realität widergeben: Jedes EU-Land ist Teil der Gemeinschaft und bei jeder Entscheidung dabei. Daher gibt es eine Mitverantwortung und es kann keine Schuldzuweisungen geben."