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Einvernehmlich statt Entlassung - wider Willen

Von Katharina Braun

Recht
Katharina Braun ist eine selbständige Wiener Rechtsanwältin und auf Familien- und Medienrecht spezialisiert. Sie war viele Jahre als Fernsehredakteurin für den ORF tätig.
© DORISMITTERER

Wenn bei der einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses die Pistole angesetzt wird.


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Ein Lagerarbeiter, Mitte 50, wird von seinem Vorgesetzten in das Personalbüro gerufen. Der Arbeiter ist bereits seit vielen Jahren im Unternehmen. "Auch unserem Unternehmen macht, wie Sie wissen, die Pandemie zu schaffen. Wir müssen uns daher leider von Ihnen trennen. Da unterschreiben Sie die einvernehmliche Aufkündigung. Ihr letzter Arbeitstag ist heute." Der überrumpelte Arbeiter unterschreibt. Er kennt sich in rechtlichen Angelegenheiten nicht aus.

Widerspruch und Nachfragen ist nicht seins. Erst zuhause im Gespräch mit der Familie realisiert dieser, dass seine Unterschrift ein Fehler war. Denn mit der einvernehmlichen Beendigung fällt er um anteilige Sonderzahlungen, seine  Weiterbezahlung sowie Arbeitssuchtage während der Kündigungsfrist um. Mit Unterfertigung der einvernehmlichen Beendigung begibt sich der Arbeitnehmer auch seines Anfechtungsrechts, welches er bei einer Kündigung grundsätzlich hätte. So wäre allenfalls (dies in betriebsratspflichtigen Unternehmen) eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit möglich. Dies wegen des fortgeschrittenen Alters des Arbeiters (§ 105 Abs 3 b ArbVG).

Viele glauben, dass man als Arbeitnehmer von einer einvernehmlichen  Aufkündigung zurücktreten kann. Doch das stimmt nicht. Eine einvernehmliche Aufkündigung kann nur im Einzelfall  und unter besonderen Umständen rückgängig gemacht werden. So wäre eine einvernehmliche Unterfertigung dann aufhebbar, wenn deren Unterfertigung unter Druck erfolgte.

Trifft ein Dienstnehmer eine Entscheidung zu seinen Lasten, so wird von den Gerichten geprüft, ob  diese aus freien Stücken getroffen wurde, oder ob dem Arbeitnehmer gleichsam von seinem Arbeitgeber die Pistole angesetzt wurde. Laut Rechtsprechung stellt die Aussicht der Kündigung für den Fall der Verweigerung der Unterfertigung keinen illegitimen Druck dar. Denn es steht dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, ein Dienstverhältnis mit Kündigung zu beenden.  Dies bei Beachtung von Sonderfällen des Kündigungsschutzes.

Gesetzliche generelle Widerrufsmöglichkeit fehlt

Bis jetzt fehlt eine gesetzliche generelle Widerrufsmöglichkeit einer einvernehmlichen Beendigung durch den Arbeitnehmer. Beruft sich allerdings ein Arbeitnehmer auf sein Beratungsrecht mit dem Betriebsrat, so kann innerhalb einer zweitägigen Sperrfrist eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtswirksam vereinbart werden. Wird dennoch in dieser Frist eine einvernehmliche Auflösung vereinbart, kann der Arbeitnehmer binnen einer Woche schriftlich die Rechtswirksamkeit geltend machen (§ 104 a ArbVG).

Akzeptiert der Arbeitgeber die  Rechtsunwirksamkeit nicht, muss der Abreitnehmer binnen  einer drei monatigen Frist bei Gericht die Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung einbringen. Gemäß der Rechtsprechung gibt es (ausgenommen der Fälle des besonderen Kündigungsschutzes) allerdings keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über sein Beratungsrecht aufzuklären.  Wie immer gilt: Wissen ist Macht, und ist man sich unsicher, eben Unterschrift verweigern.

Immer wieder kommt es in der Praxis zu einvernehmlichen Dienstbeendigungen, bei welchen der Dienstgeber signalisiert, anderenfalls die Entlassung auszusprechen. Hier kann es dann zu einer erfolgreichen Anfechtung und sohin Aufhebung der einvernehmlichen Vereinbarung kommen, wenn dem Arbeitgeber keine plausiblen und objektiv ausreichenden Gründe für eine gerechtfertigte Entlassung vorlagen.

Malkurs im Krankenstand

So geschehen im Fall einer Kindergärtnerin (Gz 28.6.2016, Gz 8 ObA 37/16y), die im Krankenstand einen Malkurs abgehalten hatte. Denn im Krankenstand ist nicht jede Tätigkeit als solche unzulässig, sondern nur eine solche, die den Heilungsverlauf beeinträchtigt. Der Arbeitgeber hatte es unterlassen, sich dahin gehend  ein klares Bild zu verschaffen. Auch hatte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin eine Bedenkzeit verweigert und ihr von Nachteilen berichtet, welche diese bei der Arbeitssuche hätte, wenn diese die Zustimmung zur einvernehmlichen Auflösung verweigert.

Im Zusammenhang mit  Covid-19 kommt es  in der Praxis  zu einvernehmlichen Beendigungen mit verbindlicher einseitiger Wiedereinstellungszusage des Arbeitgebers. Grundsätzlich ist mit der  Beendigung das Dienstverhältnis endabzurechnen, es sind also u.a. die anteiligen Sonderzahlungen zur Zahlung fällig. In einer Vereinbarung der Beendigung des Dienstverhältnisses mit Wiedereinstellungszusage kann jedoch festgelegt werden, dass die aus der Beendigung resultierenden Ansprüche erst dann zu bezahlen sind, wenn der Dienstnehmer das neue Dienstverhältnis antritt oder hätte können.