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Einzelkämpfer unbeliebt

Von Walter Hämmerle, Alpbach

Europaarchiv

Lieber gemeinsam als einsam! Das gilt nicht nur als eherne Regel für Wege zum privaten Glück, auch im weiten Feld der internationalen Politik versprüht dieser Slogan seinen heimeligen Charme. Nur fasst man ihn hier in etwas sprödere Worte: "Multilateral statt unilateral" heißt es dann eben. Und damit ist auch klar, worum es tatsächlich geht: Das Verhalten der Vereinigten Staaten auf der internationalen Bühne.


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Die Administration von US-Präsident George W. Bush hat es in rekordverdächtig kurzer Zeit geschafft, die weltweiten Beliebtheitswerte der Vereinigten Staaten in den Keller zu fahren. Die Ursache dafür sehen viele berufsmäßige Beobachter weniger in dem Umstand, dass die USA die einzig verbliebene globale Supermacht sind, sondern vielmehr darin, dass sie sich auch als solche benehmen. Für diverse emotionale Befindlichkeiten anderer Staaten und ihre Sicht der Dinge bleibt da oft kein Platz.

Daran, dass der weltpolitische Sololauf der USA auch in den kommenden Jahren seine Fortsetzung findet, könne niemand, egal auf welcher Seite des Atlantiks er sich befinde, Interesse haben, waren sich bei einer Diskussion am Montagvormittag in Alpbach alle einig. Doch wie die USA wieder auf den rechten Pfad des Multilateralismus zurückführen? Immerhin hat sogar schon John Kerry angekündigt, auch er würde als Präsident auf eigene Faust losschlagen, wenn es denn die Situation verlange.

Die Antwort liegt auf der Hand: Multilaterales Handeln sei in den Augen der USA niemals Selbst-, sondern immer Mittel zum Zweck. "Die USA", so Jamie Shea, von der Abteilung für öffentliche Diplomatie bei der NATO, sei "ein intelligenter Staat" - und als solcher nicht mehr und nicht weniger geneigt, multilateral zu handeln. Doch auch ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen internationaler Organisationen brauche einen Führer, der die Initiative ergreift. Und: Es dürfe nicht nur Prozess sein, sondern müsse zu Ergebnissen führen.

Die EU habe nur dann die Möglichkeit, auf die USA Einfluss zu nehmen, wenn sie im politischen wie militärischen Sinn für diese wertvoll sei, ist der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), überzeugt. "Der US-Unilateralismus ist zu 80 Prozent die Folge der europäischen Schwäche." Die EU denke zu sehr in Kategorien von Prävention, die USA in jenen von militärischer Gewalt. Dabei zeige das Beispiel Irak, dass die USA jeden Krieg der Welt, jedoch keinen Frieden gewinnen könnten. Entscheidend sei daher, die beiden über den Atlantik ungleich verteilten Stärken zu verbinden, so Brok. Solange jedoch Europa nicht mehr politisches Gewicht - Stichwort gemeinsame Außenpolitik - und mehr Macht in die atlantische Waagschale werfen kann oder will, solange werden die USA notfalls eben alleine handeln, wenn sie es für notwendig erachten.