Der Iran verfügt über einen riesigen Markt, westliche Firmen stehen in den Startlöchern.
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Teheran/Wien. Dass man in Washington keine rechte Freude mit Frankreich hatte, war offensichtlich. Ebenso offensichtlich war allerdings, dass man dort die amerikanische Verstimmung billigend in Kauf nahm. Denn aus der Sicht der knapp 100 französischen Manager, die im Februar 2014 in den Iran reisten, breitete sich vor ihnen ein riesiger, brachliegender Markt aus. Und den galt es trotz des damals noch bestehenden Sanktionsregimes auszuloten, wenn man nach einer möglichen Aufhebung nicht das Nachsehen haben wollte.
Die Franzosen waren aber bei weitem nicht die Einzigen, die sich in dieser Hinsicht den Groll der Amerikaner zugezogen haben. Auch Österreich hat bereits kurz nach Abschluss des Interimsabkommens im November eine hochkarätige Wirtschaftsdelegation nach Teheran entsandt. Und wenn Bundespräsident Heinz Fischer nach Aufhebung der Sanktionen eine bestehende Einladung in den Iran wahrnimmt, dürfte er von zahlreichen heimischen Spitzenmanagern begleitet werden. "Österreichische Firmen haben einen sehr guten Ruf dort", sagt Hans-Jörg Hörtnagl von der Außenwirtschaft Austria.
Dass westliche Unternehmer den Iran derzeit als Sehnsuchtsorts betrachten, hat triftige Gründe. Denn das Land, das schon seit Monaten um Investoren wirbt, verfügt nicht nur über gewaltige Öl- und Gasvorkommen, sondern besitzt mit seinen 76 Millionen Einwohnern auch einen beträchtlichen Absatzmarkt. Zugleich verfügt der Iran über eine große Zahl junger, arbeitswilliger Menschen, die zumeist auch gut ausgebildet sind. Gute Geschäftschancen wittern die westlichen Firmen nicht zuletzt im Infrastrukturbereich. Fast alles hier muss dringend modernisiert werden, nachdem der jahrelange Boykott das Land ökonomisch in die Knie gezwungen hat.
In den Startlöchern scharen auch schon die westlichen Ölkonzerne, denn trotz der Sanktionen ist der Iran auch heute noch der fünftgrößte Produzent der Opec. Allerdings dürfte das Ölgeschäft aufgrund des komplizierten Sanktionsregimes und des maroden Zustandes der Anlagen erst 2016 so wirklich anspringen.
Von einer Öffnung des Marktes würden aber auch Baufirmen, Maschinenbauer und der Automobilsektor profitieren. So verkaufte etwa PSA Peugeot Citroen 2011 noch mehr als 455.000 Fahrzeuge im Iran, damit war das Land der zweitgrößte Absatzmarkt nach Frankreich. Und angesichts des chronisch veralteten Fahrzeugbestands in der Islamischen Republik scheint die Hoffnung nicht unbegründet, nach Sanktionsende noch einmal deutlich mehr Autos verkaufen zu können. Insgesamt könnte die iranische Wirtschaft im ersten Jahr nach dem Abschluss eines endgültigen Abkommens um fünf Prozent wachsen. Für die darauffolgenden 18 Monate rechnen Analysten sogar mit sieben bis acht Prozent. Und der Handel mit der EU könnte bis 2018 um 400 Prozent zulegen.