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Eisberge voraus!

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Unser heutiger Wohlstand wird auf absehbare Zeit nur sehr schwer zu halten sein.


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Für die meisten der heute noch aktiv erwerbstätigen etwas älteren Menschen in Europa waren es alles in allem ökonomisch ziemlich gute Jahrzehnte, auf die sie zurückblicken können. Trotz mancher Krisen und Rückschläge war es eine Zeit, die durch stetig zunehmenden Wohlstand für viele, wenn auch nicht alle, charakterisiert war. Leider ist nicht damit zu rechnen, dass wir diese Entwicklung so ohne Weiteres ad infinitum in die Zukunft fortschreiben dürfen - was vielen noch nicht so bewusst sein dürfte. Denn eine Reihe von sehr außergewöhnlichen Faktoren könnte dazu führen, dass wir uns mit einem stagnierenden, wenn nicht sogar phasenweise eher schrumpfenden Wohlstand werden zufriedengeben müssen.

Da ist einmal das Ende jener Friedensdividende, die wir seit dem Kollaps des Sozialismus 1989 lukrieren und in die Erhöhung des Massenwohlstandes stecken konnten. Außerhalb der törichten österreichischen Neutralitätsblase ist wohl jedermann klar, dass alle europäischen Nationen auf unabsehbare Zeit dramatisch mehr Geld in Rüstung und Militär werden investieren müssen - Geld, das dann an anderer Stelle natürlich fehlen und entsprechend wohlstandreduzierende Folgen haben wird.

Ähnliches gilt für den Kampf gegen den Klimawandel "um jeden Preis", dem sich Europa unter deutscher Führung törichterweise verschrieben hat, ungeachtet der Proportionalität und der Angemessenheit mancher Maßnahme. Auch hier geht es um astronomische Summen, die mit eher ungewissem Ausgang ausgegeben werden. Auch hier handelt es sich natürlich um Geld, das an anderer Stelle fehlen wird. Dazu kommt, dass dieser überzogene Kampf dazu führt, dass bisherige Kernkompetenzen der vor allem deutschen Industrie sukzessive entwertet werden, etwa in der Herstellung weltweit führender Verbrenner-Aggregate für Autos oder anderer Fahrzeuge. So wie es übrigens in den vergangenen Jahren ja auch gelungen ist, das einstmals führende Know-how deutscher Nuklearunternehmen zu zerstören; heute ist davon praktisch nichts mehr übrig. Auch das wird ein ordentliches Stück Wohlstand kosten.

Dazu kommen noch andere wohlstandssenkende Faktoren, etwa die ungünstige Demografie, das Zurückbinden der Globalisierung oder die Kosten der nicht und nicht politisch zu lösenden Migrationskrise. All das zusammen wird ohne Zweifel den Wohlstand in Europa nicht gerade berauschend anwachsen lassen, ganz im Gegenteil.

Der einzige denkbare Ausgleich zu all diesen ökonomisch negativen Faktoren wäre eine Explosion der Produktivität unserer Volkswirtschaften, also jede Menge neuer Ideen für neuen Produkte, radikal innovative Fertigungsverfahren, weltweit nachgefragte Konsumartikel oder Dienstleistungen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Davon ist leider weit und breit nur sehr, sehr wenig zu sehen in Europa. Stattdessen suhlen wir uns noch immer in der völlig überholten Vorstellung, für den Rest der Welt irgendwie Vorbild und Maßstab zu sein, allen voran in den Disziplinen Moral, Soziales und Gerechtigkeit. Das Erwachen könnte eher unsanft geraten.