Die Beziehungen zwischen Wien und Prag haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das tschechische Außenministerium übergab wegen der Äußerungen von FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky am Dienstag eine diplomatische Note an Österreich, in der Wien zu einer Stellungnahme aufgefordert wird. Gestern machte Außenminister Jan Kavan neuerlich deutlich, dass er eine Distanzierung der ÖVP/FPÖ-Regierung wünscht.
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Sichrovsky hatte am Montag in einer Aussendung eine "neue Bewertung" des Verhältnisses der tschechischen Regierung zu den unter der Nazizeit aus rassischen Gründen Verfolgten gefordert. Der FPÖ-Generalsekretär sagte, dass die Juden in Tschechien während der NS-Zeit "oft mit tatkräftiger Unterstützung der lokalen Bevölkerung deportiert und später in den Konzentrationslagern ermordet" worden seien. "Nach 1945 weigerte sich die tschechische Regierung jahrzehntelang, das gestohlene Vermögen zurückzugeben, und bis heute kämpfen Opfer, ihre Nachkommen und auch jüdische Organisationen oft verzweifelt um ihre Rechte", hatte Sichrovsky erklärt.
Die tschechische Regierung reagierte am Dienstag Abend mit der Übergabe einer "verbalen Note" an den österreichischen Botschafter in Prag, Klas Daublebsky. Daublebsky habe bei der Übergabe darauf hingewiesen, dass Sichrovsky kein Vertreter der Regierung, sondern ein Parteifunktionär sei. Da seitens Wiens offenbar keine weiteren Schritte gesetzt wurden, meldete sich Außenminister Kavan gestern in der tschechischen Nachrichtenagentur CTK zu Wort: "Wenn sich die österreichische Regierung völlig von diesen Aussagen distanziert, werde ich absolut zufrieden sein. Wenn nicht, werden wir dementsprechend reagieren."
Der tschechische Vizeregierungschef Pavel Rychetsky wird in der Tageszeitung "Pravo" (Dienstag) zu den Sichrovsky-Aussagen zitiert: "Es ist eine ekelhafte Lüge." Tschechien sei im Gegenteil das erste und einzige Land in Europa, das sich mit dem Problem von jüdischen Opfern des Holocausts umfassend auseinander gesetzt habe, sagte der Vizepremier. Die Sichrovsky-Äußerungen beschäftigen auch am Mittwoch die tschechische Presse. Es wird etwa daran erinnert, dass unter den KZ-Wächtern und in den SS-Abteilungen Österreicher zahlreich vertreten gewesen seien.