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Eizellenspende muss legal werden

Von Eva Stanzl

Wissen

Vorsitzende der Bioethikkommission befürwortet Gesetzesänderung. | Auch Verbot der Samenspende bei künstlicher Befruchtung soll fallen. | Straßburg/Wien. Den Anlass geben zwei verheiratete Paare: Das erste kann keine Kinder bekommen, weil die Frau zugewachsene Eileiter hat und ihr Mann unfruchtbar ist. Die einzige Möglichkeit wäre eine künstliche Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation) mit dem Samen eines Spenders - die Behörden lehnen den Antrag jedoch ab. | Kommentar - Adoptieren von Ungeborenen | Analyse - Gesetz hinkt Realität hinterher


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Im zweiten Fall hat die Frau keine eigenen Eizellen, ihr Mann ist hingegen zeugungsfähig. Das Paar beantragt eine In-Vitro-Befruchtung mit den Eizellen einer Spenderin, doch auch dieser Antrag wird abgelehnt.

Beide Paare zogen bis vor den Verfassungsgerichtshof in Wien, der ihre Klagen 1999 abwies. Denn das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz lässt zwar Befruchtungen mit gespendeten Samen in der Gebärmutter zu, untersagt selbiges aber bei der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas. Und die Eizellenspende ist generell verboten mit der Begründung, dass "ungewöhnliche Familienverhältnisse" verhindert werden sollen, bei denen ein Kind zwei Mütter habe - eine biologische und eine, die es austrage. Die Verfassungsschützer verwiesen auch auf das Risiko, dass Frauen aus "sozial benachteiligten Schichten" unter Druck gesetzt werden könnten, Eizellen zu spenden.

Die beiden kinderlosen Wiener Paare erhoben 1999 Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, der nunmehr beide Argumente abgeschmettert hat. Die Straßburger Richter

haben befunden, "dass die Gesetzeslage in Österreich, die Beschränkung der Behandlungsmethoden bei Kinderwunsch, der Menschenrechtskonvention widerspricht".

Schadenersatz und Gesetzesänderung

Die Republik Österreich muss beiden Paaren 10.000 Euro Schadenersatz zahlen - und das Fortpflanzungsmedizingesetz ändern. Eine Gesetzesänderung gebe laut Experten hunderten betroffenen Paaren in Österreich die Chance, ihren Kinderwunsch doch zu erfüllen. Die Republik kann das Urteil binnen drei Monaten anfechten - kommenden Montag berät die Bioethikkommission zum Thema.

Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts für Ethikrecht in der Medizin, sieht zwei Gefahren bei einer Aufhebung des in Österreich, Deutschland und der Schweiz geltenden Verbots: "Erstens ist eine Hormonbehandlung der Spenderin Voraussetzung, was gesundheitliche Risken bergen kann. Zweitens wird eine Gesetzesänderung dann problematisch, wenn der Körper zum Rohstofflieferant wird. Etwa sind in manchen Ländern Eizellenspenden fast so wie Blutspenden organisiert", sagt Körtner zur "Wiener Zeitung". Die Debatte könnte zudem in andere Bereiche vordringen, etwa indem das Verbot von Eizellenspenden für die Stammzellforschung gelockert würde.

Wilfried Feichtinger, Pionier der künstlichen Befruchtung in Österreich, berichtet aus der Praxis anderes: "Nach dem europäischen Gewebegesetz sind Eizell- und Samenspenden wie Organspenden zu behandeln, für die in Österreich kein Geld verlangt werden darf. Einen Handel mit Eizellen haben wir daher nicht zu befürchten. Eizellspenderinnen können also nur Frauen werden, die aus der künstlichen Befruchtung Eier übrig haben, und die diese anderen weitergeben, die ihre Eierstock-Funktion zu früh verloren haben", sagt Feichtinger.

Angst vor Abzocke und zu alten Müttern

Den logischen Argumenten des Mediziners stehen Berichte von US-Adoptions-Agenturen gegenüber, die ungeborenes Leben an Paare mit Kinderwunsch vermitteln, von denen Spenderfrauen für ihre Eizellen 15.000 Dollar kassieren. Und auch vor der Haustür gibt es ungewohnte Praktiken: Etwa bekam eine 64-jährige Steirerin 2006 mit Hilfe einer Eizellenspende ein Baby. Christina Druml, Vorsitzende der Bioethik-Kommission, kann sich die Erlaubnis der Eizellen-Spende hierzulande vorstellen, "wo Bedarf ist, also bei medizinischen Indikationen und so lange die Frau im gebärfähigen Alter ist." Weiteres werden die Beratungen der Kommission zeigen.