)
Die Ablehnung des Kassenvertrages der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) durch den Hauptverband am Mittwochabend hat mit einem Schlag die Finanzkrise des heimischen Gesundheitssystems wieder in die Schlagzeilen gebracht. Während Vertreter von SPÖ, Grünen und FPÖ die Entscheidungen der VP-nahen Mitglieder im Aufsichtsrat heftig kritisierten und die Volkspartei diese rechtfertigte, lenkten der Gesundheitsexperte Christian Köck und Vorarlbergs Landesrat Hans-Peter Bischof im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" den Blick auf die tieferen Ursachen der Probleme.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Erst am 13. Dezember haben sich WGKK und Wiener Ärztekammer nach langem hin und her auf einen neuen Kassenvertrag geeinigt. Demnach sollten die Honorare für die Ärzte heuer um 1,94 Prozent und im Jahr 2005 um 0,65 Prozent steigen. Zusätzlich wurde eine Tariferhöhung um 0,15 Prozent für die Teilnahme an Medikamentenzirkeln vereinbart.
Die Erleichterung über die Einigung war groß, schien damit doch ein drohender vertragsloser Zustand abgewendet. Allerdings nur bis Mitwochabend, denn dann verweigerte das Aufsichtsgremium des Hauptverbandes dem Wiener Kassenvertrag eine Absage.
Als Begründung für das "Njet" führte Hauptverbands-Vize und Wirtschaftskammer-Vertreter Martin Gleitsmann an, dass es verantwortungslos gewesen wäre, den Tarifabschluss zu genehmigen. Er verwies darauf, dass durch das jüngste VfGH-Urteil zum Ausgleichsfonds der Kassen die WGKK besonders betroffen wäre.
Der Aufschrei von Betroffenen und Parteien ließ nicht lange auf sich warten: ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch sprach von politischen Motiven und vermutete, dass es in Wahrheit nur darum gehe, die SP-Führung der Wiener Kasse rund um Obmann Franz Bittner abzumontieren - dessen Rücktritt auch prompt vom Wirtschaftsbund eingefordert wurde. Von Grünen und Freiheitlichen kam ebenfalls Kritik am Vorgehen, das jedoch von Seiten der ÖVP verteidigt wurde.
Köck: Wahre Ursachen liegen lange zurück
Das aktuelle Problem sei nur Ausdruck eines Versagens, das schon lange zurückreicht, erklärte Gesundheitsökonom Christian Köck. "Die WGKK ist lange Zeit viel zu großzügig gewesen, als sie sich das noch leisten konnte." Wiewohl Köck zugesteht, dass die vorgesehenen Honorarerhöhungen unter der Inflationsrate liegen.
Die Entscheidung des Verwaltungsrates habe aber etwas für sich. Köck will das auch nicht an der politischen Farbenlehre festgemacht wissen: "Egal, wer dort sitzt - handeln war angesagt. Denn Tatsache ist, dass die WGKK bald illiquid ist."
Dennoch ist der Druck auf eine Kasse nur "ein kleines Kräuseln an der Oberfläche". Auch die Entscheidung des VfGH zur Aufhebung der Ausgleichszahlungen zeige, dass das System grundsätzlich reformbedürftig sei. "Dass die Gesundheitsversorgung in Österreich trotz allem so gut ist, ist Krankenschwestern und ÄrztInnen zuzuschreiben", ist Köck überzeugt. Insofern gehe auch die Idee der Gesundheitsministerin, Gesundheitsagenturen zu schaffen, in der Tendenz in die richtige Richtung.