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Studieren ist nicht schwer, Lehrer sein dagegen sehr. Zumal die neue Pensionsregelung diese - gewerkschaftlich stark organisierte - Berufsgruppe, wenn auch nicht als einzige, voll trifft: Die entsprechende Anzahl der Versicherungsjahre vorausgesetzt, treten Lehrerinnen üblicherweise im Alter von 55 Jahren in den Ruhestand, die männlichen Kollegen mit 60 Jahren. Die Ansuchen um Pensionierung nach dem alten System sind bis Ende April deutlich gestiegen, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" bei den Landesschulräten ergeben hat.
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Verunsicherung herrscht derzeit an Österreichs Schulen, wo bereits mit der Planung der Dienstpostenaufteilung für das Schuljahr 2000/2001 begonnen wurde.
"Ich habe auf jeden Fall um Pensionierung angesucht, das Ansuchen zurückziehen kann ich ja immer noch. Mal sehen, wie die beschlossene Pensionsregelung dann tatsächlich aussieht", zitiert Waltraud Witowetz-Müller einige ihrer Kollegen. "Was wir befürchten, ist ein Run auf die Pensionierung, bevor die neue Regelung in Kraft tritt. In der Folge hätten wir zunächst einen deutlichen Lehrermangel", erläutert die Direktorin an einer Hauptschule in Wien Ottakring im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die Situation. Einen "eklatanten Mangel" bestätigt auch Wolfgang Gröpel vom Wiener Stadtschulrat. Alleine im Pflichtschulbereich (Volks- und Hauptschulen, Polytechnische sowie Sonderpädagogische Lehrgänge) fehlen hier 250 bis 300 Lehrer, bei derzeit rund 11.000 Pflichtschullehrern in der Bundeshauptstadt. Rund 60 Stellen als Schulleiter sind ausgeschrieben.
Der Lehrermangel dürfte nun kurzfristig zumindest prolongiert werden, prophezeit Gröpel. Bei Einschulung der geburtenschwachen Jahrgänge in den kommenden Jahren, werde es in Wien aber mehr als 3.000 "Schulneulinge" weniger geben. "Bei allem Respekt oder Nicht-Respekt vor der neuen Pensionsregelung - das System wird sie nicht zum Kippen bringen", so Gröpel. "Punktuell tut´s aber schon weh."
Wartelisten an den Höheren Schulen
Anders ist die Situation im Bereich der Höheren Schulen (AHS und BMHS). Die durch (Früh-)Pensionierung vakanten Lehrerstellen dürften nachbesetzbar sein, da die Warteliste der Kandidaten - österreichweit - lange genug ist. Dass die Pensionsansuchen von Lehrern im Bereich der weiterführenden Schulen im heurigen Jahr zugenommen haben, berichtet auch Thomas Plankensteiner vom Landesschulrat für Tirol.
"Hundertprozentig" bestätigt das auch Gerhard Pöttschacher vom Landesschulrat für das Burgenland. Er schätzt, dass maximal zehn Lehrer zusätzlich in Pension gehen könnten, in Tirol sind bisher 110 Ansuchen eingelangt.
Die Zahlen sind aber nicht stichhaltig, da die Frist bis drei Monate vor Schulbeginn - also bis Ende Mai - läuft. Dann, bis Ende Juni, wären weitere Stellenausschreibungen möglich, gibt Pöttschacher zu bedenken.
Schafft die Frühpensionsregelung Jobs?
Die neue Pensionsregelung soll, wie berichtet, am 1. Oktober in Kraft treten und sieht eine Anhebung des Frühpensionsalters um eineinhalb Jahre auf 56,5 bei Frauen bzw. 61,5 Jahre bei Männern sowie eine Anhebung des Frühpensionabschlages von zwei auf drei Prozent vor. "Die Regelung kann Jobs für Junglehrer schaffen", gibt Thomas Plankensteiner zu. Andererseits werde aber schon die bisherige Möglichkeit, frühzeitig als Lehrer - mit Abschlägen - in Pension zu gehen, kaum genützt.
Dabei ergeben sich durchaus Gelegenheiten, die die Ausübung des Lehrerberufes dann doch ermöglichen. Unter dem Schuljahr etwa wären Stellen zu vergeben, berichtet Thomas Plankensteiner. Lehrer, die beim jeweiligen Landesschulrat zwar auf der Warteliste stehen, inzwischen beruflich aber anderwärtig tätig sind (siehe untenstehenden Bericht), können derartige Angebote dann kurzfristig aber nicht annehmen. Wer tauscht schon gerne einen Fixjob gegen ein paar Unterrichtsstunden an der Schule?
Eine Forderung, die von Lehrern immer wieder vorgebracht wird, ist die Senkung der Schülerhöchstzahl (derzeit sitzen bis zu 30 Schüler in einer Klasse). Das dürften, fordert Witowetz-Müller, maximal 25 Schüler pro Klasse sein. Im Fremdsprachenunterricht liegt die Teilungszahl bei 15. Die Unterrichtsbelastung würde - sowohl für die Lehrenden als auch für die Lernenden - sinken, aber die Personalkosten steigen. Eine Gruppe von 30 Schülern könne ohnehin nur "frontal" unterrichtet werden, heißt es.