Milliardär gegen Chávez-Anhänger. | Noboa überrascht mit seinem Sieg. | Correa spricht von Wahlbetrug. | Buenos Aires. (dpa) Das Ergebnis der Präsidentenwahl in Ekuador könnte ein politisches Erdbeben in dem seit Jahren instabilen Andenstaat auslösen. Der konservative Milliardär Alvaro Noboa gewann bei der Abstimmung am Sonntag 27,43 Prozent der Stimmen. Mit fünfeinhalb Prozentpunkten Vorsprung zog er überraschend klar an dem linkspopulistischen Favoriten Rafael Correa vorbei, der auf 21,97 Prozent kam und den die Meinungsforscher zehn Prozentpunkte vor Noboa gesehen hatten. Correa sprach auch prompt von Wahlbetrug und bezeichnete sich als Sieger.
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Bei der Stichwahl am 26. November werde sein Sieg so klar sein, dass er ihm auch durch Betrug nicht mehr zu nehmen sei, fügte der Freund des linken venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez hinzu. Noboa nannte den Wirtschaftsexperten indes einen Kommunisten, den er nach Kuba ausweisen wolle. Sich selbst sieht der reichste Mann des verarmten Landes als "von Gott geschickt", was ihm die Ungnade der katholischen Kirche einbrachte. Correa warf er vor, er habe sich den Wahlkampf von Chávez finanzieren lassen, zu dem Noboa die diplomatischen Beziehungen abbrechen will.
Populäre Versprechen statt grauer Theorie
Während die Kontrahenten in fast allen wichtigen Fragen gegensätzliche Positionen vertreten, ähneln sie sich in ihrer Ablehnung der traditionellen Parteien und präsentierten sich als "Anti-Politiker". Nach sieben Präsidenten in zehn Jahren und wirtschaftlicher Stagnation trotz Rekordpreisen fürs heimische Erdöl war das für viele Wähler offenbar ausschlaggebend. "Die Menschen wählen Essen, Wohnung und Arbeit. Theoretische Phrasen haben keine Chance", sagt Politologe Jaime Durán.
Noboa verspricht Freiheit, Wohlstand, Arbeit, Wohnungen, Essen, Gesundheitsvorsorge für alle, ohne genau zu sagen, wie er das bewerkstelligen und bezahlen will. Ausländische Investitionen und ein Freihandelsabkommen mit den USA gehören zu seinen Forderungen, aber viele Fragen bleiben unbeantwortet. Dennoch wirkt er zumindest wegen seines eigenen Reichtums und Dank zahlreicher Wahlgeschenke offenbar für viele glaubhaft.
Correa will das Land neu gründen
Correa hingegen will das bereits fast fertig ausgehandelte Freihandelsabkommen mit den USA in den Papierkorb schmeißen, die Auslandsschulden nur nach einer Umschuldung weiter bedienen und die US-Militärbasis in der Hafenstadt Manta am Pazifik zum nächst möglichen Zeitpunkt kündigen. Für die parallel abgehaltene Parlamentswahl stellte er gar keine Kandidaten auf, denn an dessen Stelle will er eine verfassunggebende Versammlung für eine "Neugründung" des Landes einberufen. Noboa warf er vor, seinen Reichtum durch die Ausbeutung der Arbeiter und die Beschäftigung von Minderjährigen auf seinen Bananenplantagen zusammengerafft zu haben.
Eigentlich müsste Ekuador ein relativ wohlhabendes Land sein. Es lebt nicht nur vom Bananenexport und Fischereierzeugnissen, sondern exportiert auch Erdöl. Die hohen Weltmarktpreise haben die Wirtschaft beflügelt. Aber wie in vielen Ländern Lateinamerikas ist der Wohlstand ungleich verteilt. Rund die Hälfte der 13,5 Millionen Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze: Ein brodelnder Vulkan, der den nächsten Präsidenten vorzeitig aus dem Amt fegen könnte. Wie die drei letzten Amtsinhaber.