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"Elektrische Nase" erschnüffelt Gifte

Von Alexandra Grass

Wissen
© wichientep - stock.adobe.com

Ein Gerät erkennt Gasverbindungen in der Luft, die der Gesundheit schaden.


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Wenn etwa Farben oder Klebstoffe trocknen, können sie flüchtige organische Verbindungen (VOC) freisetzen. Auch Arznei- oder Kühlmittel entlassen solche Gase in die Luft, die gesundheitsschädliche Auswirkungen haben können. Die Verbindungen gelten aber auch als Zeichen für Insektenbefall, Lebensmittelverderb und Krankheiten.

Die Rückverfolgung solcher Stoffe ist nicht nur für die öffentliche Sicherheit von Bedeutung. Spezielle Sensoren, die als "elektrische Nase" bezeichnet werden, können diese Verbindungen erschnüffeln. Ein Forscherteam hat die E-Nase nun derart weiterentwickelt, dass schon geringste Konzentrationen von VOCs nachgewiesen werden können, wie es im Fachblatt "Applied Physics Reviews" berichtet.

Sinnesorgane sind sehr beeindruckende und ausgefeilte Werkzeuge der Natur. Schon oft hat der Mensch versucht, sie zu kopieren. Man denke an die Kamera als Äquivalent zum Auge oder das Mikrofon als Äquivalent zum Ohr. Seit einiger Zeit sind "elektronische Nasen" in Entwicklung, die den Geruchssinn des Menschen nachempfinden sollen, um Gasgemische "riechen" zu können.

Design verbessert

Die Methoden zum Nachweis von flüchtigen organischen Verbindungen stehen vor vielen Herausforderungen in Bezug auf Selektivität, Empfindlichkeit, Reproduzierbarkeit und Stabilität, denn das olfaktorische System des Menschen ist überaus komplex. "E-Nasen", die sich am Geruchssystem orientieren, können einige dieser Hürden überwinden, indem sie Anordnungen chemischer Sensoren mit Mustererkennungstechniken zur Geruchserkennung kombinieren. Die sensiblen Geräte erzeugen allerdings unterschiedliche Signale für VOCs derselben Konzentration, wenn sich der Sensor in verschiedenen Teilen der "Nasen"-Kammer befindet, skizzieren die Wissenschafter des American Institute of Physics in ihrer Publikation. "Um diesem Problem entgegenzuwirken, muss das Strömungsverhalten des Gasstroms gut kontrolliert werden," betont Studienautor Weiwei Wu. "Dies gewährleistet ein gleichmäßiges Strömungsfeld und eine gleichmäßige Konzentration der VOCs in der Kammer und vermeidet die Erzeugung falscher Sensoreigenschaften."

Das anfängliche Design der "E-Nase" zeichnete sich durch eine vertikale Kammer aus, die ähnlich wie ein Duschkopf aussieht. Dies fördert die vertikale Strömung, da sich das Gas durch die Löcher am Boden des Geräts zu den gleichmäßig verteilten Sensoren ausbreitet. Mithilfe von strömungsmechanischen Simulationen optimierten die Forschenden das Volumen, die Symmetrie, die Lage der Löcher und die Position der Sensoren in der E-Nasen-Kammer. Sie fügten eine shuntartige Vorrichtung - ähnlich einer Verbindung von Blutgefäßen - hinzu, um den Flüssigkeitsfluss zu fördern und die Reaktionszeit zu verkürzen.

Nase am Smartphone

Auf Grundlage ihrer Simulationsergebnisse stellten die Wissenschafter eine Teflonkammer her und maßen die Erfassungsleistung ihrer E-Nase. Sie verglichen zwei Kammern, eine mit und eine ohne Shunt. Die Kammer mit Shunt war bei der Erkennung einer flüchtigen organischen Verbindung durchwegs etwa 1,3-mal besser, heißt es in der Studie.

In Zukunft wollen sich die Forschenden darauf konzentrieren, die Kammer zu verkleinern und die Struktur weiter zu verbessern, um die Reaktions- und Erholungszeit zu verkürzen. "Die E-Nasen-Forschung ist ein sehr interdisziplinäres Gebiet", betont Wu. "Chemiker, Physiker, Biologen, Elektronikingenieure und Datenwissenschafter müssen zusammenarbeiten, um Fragen wie zum Beispiel eine effektive Sensorik, die die grundlegenden Mechanismen der Absorption und Desorption berücksichtigt, Algorithmen, die eine präzise Erkennung von VOCs schneller und mit geringerem Energieverbrauch erreichen, und wie neue Technologien einbezogen werden sollten."

Künftig könnten E-Nasen auch in Smartphones integriert werden, um VOC-geschwängerte Luft zu erkennen und abschätzen zu können, inwieweit ein Eingreifen in einer Situation notwendig wird.