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Man darf sich wahrscheinlich nicht drüber lustig machen. In einer Stadt wie Wien, in der man mit Kunstprojekten alte Gangfliesen rettet, muss man wohl ganz ruhig sein. Und so ziemlich jeder, der sich ein üppiges Lager von richtigen Glühbirnen angelegt hat, muss jetzt sowieso Zurückhaltung üben. Obwohl es natürlich schon irgendwie sehr kurios und irgendwie auch sehr britisch ist, dass man sein Herz an Gaszähler verliert. Es ist nämlich so: In Großbritannien werden bis 2020 alle Haushalte mit einem sogenannten Smart Meter versehen. Alte Gas- und Stromzähler werden dann von neumodischem Bildschirmzeugs ersetzt. Diese Aussicht hat die Briten offenbar so nachhaltig traumatisiert, dass sie sich nun auch in der Kunst niederschlägt. Die britische Hofpoetin Carol Anne Duffy plant als nächstes Opus nicht etwa eine Hymne auf die nonagenarische Regentin, die ihr den Job verschafft hat, nein: Sie schreibt ein Gedicht über die verschmähten Gaszähler. Sie ist nicht die erste, die ihre Trauerarbeit künstlerisch begeht: Das Royal Philharmonic Orchestra hat kürzlich ein "Requiem for Meters" ("Requiem für Zähler"), das auf Instrumenten aus Gas- und Stromzählern gespielt wurde, uraufgeführt.
Das ist doch beachtlich. Ein "Requiem für das Festnetz" hat keiner geschrieben, es gab auch keine "Eloge auf den Röhrenfernseher". Nicht einmal die VHS-Kassette wurde anständig zu Grabe getragen. Wieso ausgerechnet Gaszähler so viel mehr emotionales Potenzial haben, sieht man vielleicht schon bald im Kino. Wenn es heißt: "Spiel’s nochmal, Kilojoule." Im Blockbuster "Gasablanca".