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Elend vor der Haustür

Von Stefanie Holzer

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Seit sechs Jahren kommen etwa 140 Bettler im 14-tägigen Rhythmus nach Graz. Graz ist eine der wenigen Städte in Österreich, in der das Betteln nicht explizit verboten ist. Die Polizei schreitet ausschließlich gegen "aggressives" Betteln ein. Die Bettler sind Roma und kommen alle aus Hostice in der Slowakei. Dort hat das Landleben nichts von Naturschönheit oder Romantik. Armut, Verfall und Trostlosigkeit geben den Ton an. Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs haben die Roma in der nun geschlossenen Kolchose gearbeitet.

Für die Reihe "Am Schauplatz" haben Heidi Lackner und Peter Resetarits Bilder aus dem wohlhabenden Graz mit Ansichten aus Hostice kombiniert. Der Effekt hatte etwas ziemlich Beunruhigendes. In Graz "arbeiten" die Männer und Frauen zehn Stunden. Die Frauen "verdienen" etwas mehr als die Männer, die durchschnittlich rund 100 Schilling pro Tag erbetteln. Der Pfarrer von Graz-Eggenberg bettelt auch, denn er hat mit Unterstützung des Menschenfreundes "Herr Gustav" eine Schlafstelle für die Bettler eingerichtet. Dort bekommen sie auch eine Mahlzeit pro Tag. Diese Fürsorge für die Armen kostet den Pfarrer von Eggenberg 140.000 Schilling im Monat. Der April war am Dienstagabend noch nicht gesichert. Die leider nur kurz eingeblendete Kontonummer lautet 2200408090, BLZ 20815. Aus dem Schauplatzteam sind insbesondere die Kameraleute zu loben, denn sie filmten die Armen und ihre Lebensumstände so, dass der ohnehin mehr als bedrängten Würde der Menschen nicht weiter zugesetzt wurde.