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Eleni Foka will in ihr Dorf zurück

Von Von Martyna Czarnowska

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Als die Flugzeuge kamen, pflückte Eleni Foka gerade Tabak. Es war Sommer 1974, und die damals 24-jährige Lehrerin war zu ihren Eltern nach Ayia Triada in den Norden Zyperns gekommen, um bei der Ernte zu helfen. Auf einmal dröhnten Flugzeuge über den Feldern. "Es waren so viele; wir wussten gleich, es ist Krieg", erzählt Eleni.


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1200 griechische Zyprioten wohnten damals in ihrem Dorf, ein Jahr später waren fast 1000 vor den türkischen Soldaten geflohen. Die elfköpfige Familie ist geblieben, fürs erste.

Im Jahr 1974 lebten an die 700.000 Menschen auf Zypern. Jeder dritte war nach dem Einmarsch der türkischen Truppen - als Reaktion auf einen von der griechischen Militärjunta gesteuerten Putschversuch - zum Flüchtling geworden. Griechische Zyprioten flohen in den Süden, türkische Zyprioten in den Norden. Die Insel wurde geteilt.

Eleni jedoch verbrachte die nächsten 23 Jahre im Norden. Sie war die einzige Lehrerin in ihrem Dorf, sie konnte die Kinder auf Griechisch unterrichten. Immer wieder musste sie das Schulgebäude instand setzen, das immer wieder verwüstet wurde. Die Fensterscheiben wurden eingeschlagen, die Wände mit Fäkalien beschmiert. Türkische Soldaten bedrohten Eleni: "Wenn du Hosen anhättest, würden wir ganz anders mit dir umspringen." Tausende Männer waren verschleppt worden, nicht alle sind zurückgekommen.

Doch Eleni Foka ließ sich nicht einschüchtern. Bei Wind und Regen, als niemand außer Haus gehen wollte, fotografierte sie die von Türken zerstörten orthodoxen Kirchen, hielt die Verwüstungen fest. Mittlerweile lebte sie nur mit ihrem Vater im Dorf, die acht Geschwister und die Mutter sind in den Süden gezogen. Im letzten Jahr ihres Aufenthaltes im Norden hatte Eleni gerade noch fünf Schüler.

Als auch Eleni zu Besuch im Süden war, sprach sie mit griechisch-zypriotischen Medien. Sie mussten doch von den Gräueltaten im Norden erfahren, dachte sie sich. Bei ihrer Rückkehr wurde sie verhaftet und geschlagen. Als sie krank wurde, wollte sie in ein Krankenhaus im Süden, was ihr durch die Vermittlung der Vereinten Nationen auch gelang. Im Jahr 1997 reiste sie wieder aus - und durfte nicht mehr zurückkehren. Seitdem lebt sie in einem kleinen Haus in einer Flüchtlingssiedlung im Süden der geteilten Hauptstadt Nikosia. Sie hat die Hoffnung auf eine Rückkehr in ihr Dorf nicht aufgegeben. "Es muss doch noch Gerechtigkeit geben", sagt sie.

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Wie Eleni Foka haben an die 200.000 griechische wie türkische Zyprioten ihre Wohnungen, Häuser und Felder verloren. Die Fragen der Rückkehr und Rückgabe sind eines der größten ungelösten Probleme auf Zypern. Als eine griechische Zypriotin vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg ging, wurde die Türkei zu einer Entschädigung verpflichtet. Weitere Klagen folgten.

Im Norden wurde eine Behörde eingerichtet, die sich mit den Eigentumsansprüchen befassen soll. Doch die Republik Zypern erkennt diese Kommission nicht an - ebenso wenig wie die gesamte Türkische Republik Nordzypern. Allerdings befand der Menschenrechtsgerichtshof in der Vorwoche, dass die Behörde dazu berechtigt sei, die Anträge anzunehmen. In dutzenden Fällen ist dies bereits geschehen.

Die Kommission hat drei Möglichkeiten anzubieten: Rückgabe, finanzielle Entschädigung oder ein adäquates Grundstück im Süden. Die Rückgabe des Eigentums ist aber oft schwierig, wenn bereits türkische Siedler eingezogen sind.

Doch nicht alle haben - wie Eleni Foka - den Wunsch zurückzukehren. Manchen würde ein Verkauf ihres Landes mehr entgegenkommen. Immerhin befinden sich viele Grundstücke in lukrativer Küstennähe.

Dass die Eigentumsverhältnisse oft ungeklärt sind, stört weder israelische Investoren noch britische Immobilienmakler. Im vom Massentourismus verschonten Norden ziehen sie eine Feriensiedlung neben der anderen hoch. Sie würden auch dort bauen, wo sich das türkische Militär breit gemacht hat. Statt Siedlungen, die sich "Santa Fe" oder "Acapulco" nennen, stehen dort aber noch Kasernen.