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Elite oder gleiche Chancen für alle?

Von Petra Tempfer

Politik

Die Vienna International School soll weiter mit fünf Millionen Euro pro Jahr gefördert werden.


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Wien. Wer arme Eltern hat, hat schlechtere Chancen in der Schule. Das war schon immer so. Parolen wie "Armut mit Bildung bekämpfen" und "Bildungsgerechtigkeit durch Chancengleichheit" werden zu Worthülsen, wenn man die aktuelle Entwicklung im Förderwesen betrachtet. Soll doch die Vienna International School (VIS) in Wien-Donaustadt - nach dem Auslaufen des Vertrages Ende Juli - weiter mit fünf Millionen Euro pro Jahr gefördert werden, wie das Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch berichtete. Trotz Sparkurses im Bildungsbereich: Das Bildungsministerium muss heuer 87 Millionen und nächstes Jahr 90 Millionen Euro einsparen.

Die Verhandlungen von Außen-, Bildungs- und Finanzministerium über die Höhe der Förderung sind noch nicht abgeschlossen. Woher das Geld kommen soll, ist ebenfalls offen. 2013 hat die nahe der UNO-City in Wien gelegene Privatschule mit rund 1400 Schülern 5,2 Millionen Euro vom Bildungsministerium erhalten, dazu kamen weitere Zuwendungen von zweieinhalb Millionen Euro. Zum Vergleich: Für alle übrigen nichtkonfessionellen Privatschulen (5900 Schüler) gab es insgesamt 4,4 Millionen Euro Förderung vom Bildungsressort. In dessen Budget sind für 2015 keine Mittel für die VIS eingeplant.

Für die Vereinten Nationen ist die weitere Förderung eine "Angelegenheit von entscheidender Bedeutung", wie aus einem Brief an Bundespräsident Heinz Fischer hervorgeht. Bildungsexpertin Christa Koenne ist indes entsetzt. "Ich sehe nicht ein, dass die öffentliche Hand diese Eliteschule subventioniert", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Die Elite zu fördern diene nicht dem öffentlichen Interesse. Schulen wie die VIS anzubieten, hält sie allerdings nicht per se für schlecht. "Das dient der Buntheit, das Angebot soll es ruhig geben - aber ohne den Anspruch, dass die öffentliche Hand zahlt."

Erich Fenninger, Volkshilfe-Geschäftsführer, sieht es nicht ganz so liberal. "Wir wollen genau das Gegenteil von Oberschichtschulen", sagte er bei der Präsentation des Sozialbarometers: eine Umfrage zur Bildungsgerechtigkeit. Dass diese just an dem Tag thematisiert wurde, an dem die Förderverlängerung für die VIS bekannt wurde, könnte widersprüchlicher nicht sein. Die Österreicher sprechen sich demnach für mehr Geld für Brennpunktschulen, die Einführung einer flächendeckenden Sozialarbeit und verschränkte Ganztagsschulen aus. Brennpunktschulen zeichnet eine Mischung aus sozial schwachen Schülern, Kindern mit Migrationshintergrund und bildungsnahen Mittelstandseltern aus.

Frühe soziale Auslese

Diese Mischung birgt laut Volkshilfe enormes Potenzial. Sie soll vor allem der frühen sozialen Auslese entgegenwirken. Derzeit scheint der Zusammenhang von Armut und schlechter Ausbildung noch wie einzementiert. So wechseln nur 16 Prozent der Volksschüler, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben, an eine AHS. Von den Schülern, deren Eltern hoch qualifiziert sind, sind es 69 Prozent.

Eliteschulen wie die VIS sind dann wieder ein eigenes Kapitel. Trotz Förderungen müssen die Schülereltern hier vor allem gut betucht sein: Allein die Einschreibung kostet rund 2500 Euro, ein Schuljahr je nach Schulstufe von 8700 bis zu 15.600 Euro.