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Elite-Unis für das Alpenland?

Von Walter Hämmerle

Wissen

Seit die PISA-Studie Deutschlands Bildungssystem ein vernichtendes Urteil ausgestellt hat, sinniert die rot-grüne Bundesregierung über Wege aus der Bildungskrise. Nun sorgt seit Tagen ein Vorstoß von SPD-Generalsekretär Olaf Scholz für heftige Diskussion: Elite-Universitäten braucht das Land, dekretierte er kurzerhand. Und Österreich? Die "Wiener Zeitung" hörte sich auf den heimischen Universitäten um.


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"Elite-Unis kann man nicht aus dem Boden stampfen. Die müssen wachsen", ist der Wiener Politologe Peter Gerlich überzeugt. Dies zeige auch die Geschichte von Harvard, Yale oder Oxford: Sie alle verfügen über eine lange Tradition und Geschichte. Über Nacht geht da gar nichts, ist er sich sicher.

Für realistisch hält Gerlich den Vorstoß des SPD-Politikers nicht - weder für Österreich noch für Deutschland: Elitenbildung funktioniere nur eingebettet in ein komplexes System von Einstellungen, Traditionen und verbunden mit der ständigen Suche nach guten Lehrern und Studenten. "Das ist in unserer Zeit der Massenuniversität nicht mehr möglich".

Wird Österreich also auch künftig keine Chance auf einen Nobelpreis besitzen? Der Nobelpreis ist für Gerlich kein guter Indikator für wissenschaftlichen Erfolg. Dafür müsse man in größere Strukturen eingebettet sein, und dies werde immer mehr großen Ländern vorbehalten sein.

Nach Ansicht Gerlichs steht Österreich gar nicht so schlecht da, wie manche glauben. So gehört etwa die Wiener Wirtschaftsuniversität zu den Top 3 Europas, aber auch die Medizin-Uni oder einzelne Bereiche der angewandten Naturwissenschaft seien international durchaus wettbewerbsfähig. Eine so große Einrichtung wie die Uni Wien könne nur versuchen, ihre Stärken weiter auszubauen und andere Bereiche zu reduzieren, ist Gerlich überzeugt. Aber, und daran lässt auch er keine Zweifel: Es braucht einen gewissen Wettbewerb zwischen den Unis".

Für den HochschulforscherHans Pechar würden die Eliten-Pläne höchstens noch für Deutschland aufgrund seiner Größe Sinn machen. Österreich sei hierfür sicher viel zu klein. Eine Differenzierung nach Elite-Unis hält Pechar allerdings für den europäischen Raum für möglich. Allenfalls hier kann er sich einen österreichischen Beitrag vorstellen.

Wenig Freude hat die grün-rote Führung der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) mit der SPD-Idee: "Absolut unverständlich und für Österreich nicht tragbar", formuliert ÖH-Vize Ralph Schallmeiner knapp. Elite-Unis würden stets auf Kosten der staatlichen Unis gehen, die dann mit noch weniger Geld auskommen müssten. Es dürfe nicht darauf hinauslaufen, dass einige wenige Unis bevorzugt würden. Denn die Alternative, dass der Staat soviel zusätzliches Geld in die Hand nimmt, dass alle über genügend Mittel verfügen, erscheint Schallmeiner dann doch zu unrealistisch.

Zudem stellt sich für die ÖH die Frage, wer denn an diesen Elite-Unis studieren darf. Für Schallmeiner läuft Elitenbildung stets darauf hinaus, dass diejenigen gefördert werden, die es sich leisten können. Dass das Universitätsgesetz 2002 diese Entwicklung auch für Österreich vorbereite, sei einer der Hauptkritikpunkte der ÖH gewesen.