Netzwerk der Korruptionsjäger soll entstehen. | Expertin Hodess: "Korruption hat fatale Auswirkungen auf Wirtschaft." | Wien. Die Dörfer und Städte Sansibars waren in tiefes Dunkel getaucht. Auf der zu Tansania gehörenden Insel fiel dieses Jahr wochenlang der Strom aus. Es ist in Tansania ein offenes Geheimnis, dass viel von dem Geld, das für notwendige Wartungsarbeiten an der Stromversorgung bestimmt war, in den Taschen korrupter Beamter landete. Die Folge: Viele Betriebe konnten nur noch eingeschränkt arbeiten, die Produktivität sank und die Wut auf die Politiker stieg.
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In Vietnam wiederum kommt es aufgrund des chaotischen Verkehrs immer wieder zu Unfällen. Wenn das passiert, rufen die Betroffenen oft nicht die Polizei. Die Gefahr ist zu groß, dass diese Schmiergeld verlangt. Die Bürger sind in dieser Situation auf sich allein gestellt.
Das sind nur zwei Beispiele dafür, was Korruption anrichten kann. Wie diesem Phänomen beizukommen ist, darüber soll in Zukunft in Laxenburg gelehrt und geforscht werden. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon höchstpersönlich kam am Donnerstag zur Eröffnung einer internationale Anti-Korruptionsakademie in der niederösterreichischen Gemeinde. Zudem fand in Wien eine Gründungskonferenz statt, an der Minister aus 35 Staaten teilnahmen. Das Institut wird im Palais Kaunitz-Wittgenstein Platz finden, sein volles Ausbildungsprogramm soll bis Sommer 2011 ausgearbeitet werden. Die Akademie ist die erste ihrer Art weltweit. Sie soll eine Art Kaderschmiede für die Korruptionsbekämpfung sein und wendet sich etwa an Richter, Staatsanwälte oder Vertreter der Zivilgesellschaft. Innenminsisterin Maria Fekter sprach bei einer Pressekonferenz in Wien davon, dass das Institut einen "breiten interdisziplinären, multinationalen, globalen Ansatz" verfolgen wird.
Akademie wird begrüßt
Das Phänomen der Korruption wird etwa aus soziologischer, historischer oder rechtlicher Perspektive betrachtet. Zudem soll das Institut eine internationale Schnittstelle sein, an der sich Netzwerke der internationalen Korruptionsbekämpfung bilden.
Jedenfalls wird die neue Initiative von den weltweiten Korruptionsjägern begrüßt. Die Akademie "sei eine großartige Möglichkeit, Ressourcen und Ausbildung zu bündeln", sagt die Forschungsdirektorin Robin Hodess von der NGO Transparency International, die sich dem Kampf gegen das Schmiergeld verschrieben hat. Doch wo steht dieser Kampf derzeit? Hodess berichtet gegenüber der "Wiener Zeitung", dass in den vergangenen 15, 20 Jahren in vielen Ländern das öffentliche Bewusstsein über die Schädlichkeit von Korruption gestiegen sei. Nun würde es darum gehen, die Instrumente zur Korruptionsbekämpfung zu verstärken, etwa Gesetzgebungen oder Dokumentationen über die Verwendung von öffentlichen Geldern.
Wo Korruption zurückgedrängt wird, dort steigt jedenfalls die Lebensqualität der Betroffenen. "Korruption bedeutet, für eine Schule zahlen zu müssen, die gratis sein sollte. Korruption bedeutet, öffentliche Dienstleistungen nicht zu erhalten, die einem zustehen. Korruption gefährdet die Lebensgrundlage der Menschen", betont Hodess.
Zudem hätte sie auch fatale Auswirkungen auf die Wirtschaft. Investoren würden sich aus korrupten Ländern zurückziehen, da sie um ihr Geld bangen.
"Wo Korruption an der Tagesordnung ist, ist sie ein großer Hemmschuh", sagte auch Michael Spindelegger anlässlich der Vorstellung der Akademie. Gleichzeitig verwies er darauf, dass das Problem nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch Industrienationen betreffe.
Laut Spindelegger bemühe sich Österreich darum, mehr Staaten für die Akademie zu gewinnen. Denn das Institut steckt noch in den Kinderschuhen. Dem Gründungsdokument haben sich 23 Staaten angeschlossen, darunter wohlhabende Nationen wie Österreich oder Spanien, aber auch Entwicklungsländer wie der Jemen oder Äthiopien.
Die Akademie wurde von der Republik Österreich initiiert. Als Partner wurden das UN-Büro für die Drogen und Verbrechensbekämpfung sowie die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf gewonnen. Bald soll das Institut eine eigenständige internationale Organisation werden. Spindelegger rechnet damit, dass es dann leichter sein wird, neue Staaten für die Akademie zu gewinnen.