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Eliteunis: Hoffen auf Wunder

Von Alexander Mathé

Wissen

Das Elitedenken schwappt von Deutschland auf Österreich über. Dort tobt bereits seit Monaten ein Kampf um die geplante Schaffung von Eliteuniversitäten. Nach den Auseinandersetzungen der Regierung unter Gerhard Schröder und Universitäten keimen auch hierzulande die ersten elitären Triebe.


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Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hat den Wissenschaftsrat damit betraut, herauszufinden, ob in Österreich Eliteuniversitäten eingerichtet werden sollen. Diese Aufgabe dürfte aber alles andere als leicht werden. Sind sich doch nicht einmal die Personen an der Spitze der Diskussion darüber einig, was eine Eliteuniversität überhaupt sein soll.

"Eine Eliteuniversität ist eine Universität, die für Studierende in der ganzen Welt attraktiv ist", brachte Sigurd Höllinger die Definition auf einen vereinfachten Nenner. Der im Bildungsministerium mit Universitätsfragen Betraute stellte sich letzte Woche gemeinsam mit anderen Experten einem Streitgespräch in der TU-Wien. Für Peter Schuster von der Universität Wien wiederum ist eine Eliteuni eine Uni die klein und erfolgreich ist: Kategorie ETH-Zürich. Kurt Grünewald von den Grünen sieht darin wieder ganz einfach "Schwachsinn".

Georg Wick vom Wissenschaftsfonds ist sich der Problematik der negativen Konnotation des Begriffs "Elite" durchaus bewusst, will das Wort aber positiv verstanden wissen. Im Sinne von Exzellenz in Sport, Wissenschaft und Kultur. Daher waren sich die verschiedenen Lager darin einig, dass keinesfalls eine "politische" Eliteuniversität im Stile von Yale angestrebt werden dürfe, wo die Hälfte der Studierenden Kinder von Absolventen der Uni sind.

Vielmehr müssten Centers of Excellence angestrebt werden. Diese speziellen Förderabteilungen sollen in den bereits bestehenden Universitäten geschaffen werden. Der Zugang dazu dürfe aber keinesfalls über einen Aufnahmetest erfolgen, forderte Peter Skalicky der Rektor der TU-Wien. Seiner Meinung nach gingen dabei zuviele Talente verloren. Vielmehr müssten sich die jungen Genies mit ihren Fähigkeiten "manifestieren".

Jedenfalls besteht Handlungsbedarf. Denn in Österreich genauso wie in Europa allgemein, herrscht eine Tendenz dazu, dass die Talente und Koriphäen abwandern, warnte Josef Broukal, Wissenschaftssprecher der SPÖ. 400.000 solcher begehrten EU-Talente befinden sich laut Broukal derzeit im Ausland.

Der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) gefällt die Idee einer Eliteuni nicht. Patrice Fuchs vom Bundesvorsitz der ÖH fragt sich, woher das Geld für eine solche Einrichtung kommen soll.

Bleibt die Frage: Sind Eliteunis die Lösung oder aber ein Ablenkungsmanöver für weitere Einschnitte? Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat bereits die Notwendigkeit einer "Strukturbereinigung" bei den Studienrichtungen angekündigt.

Diese Idee lässt Studienstreichungen zumindest erahnen, wenn Gehrer plant, an jeder Uni eine Person zu etablieren, die den Kontakt zurVerwertungsagentur in der Wirtschaftsservice GmbH hält. Die Forschungsergebnisse der jeweiligen Universität sollen auf ihre wirtschaftliche Verwertung hin überprüft werden. Ob dadurch die so genannten "Orchideenstudien" gefährdet sind, bleibt offen.

Höllinger kündigte jedenfalls an, mehr Mittel über den Wettbewerb verteilen zu wollen. Gleichzeitig versuchte er aber zu beschwichtigen: Die Grundlagengelder sollten für alle Fächer erhalten bleiben, egal ob sie wirtschaftlich verwertbar sind oder nicht.

Sich von den Eliteuniversitäten die Lösung aller Probleme zu erhoffen, davor warnt Grünewald: "Manche glauben die Eliteuniversität ist eine Wundermaschine, wo man oben die Talente sowie Geld hineinwirft und unten die Nobelpreisträger herauspurzeln."