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Elsners Kampf

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Der ehemalige Bawag-Chef fordert die Wiederaufnahme des Verfahrens - mit offenbar guten Chancen.


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Wien. Es war der Skandal des Jahres 2006. Die damals dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) gehörende Bawag hatte über missglückte Spekulationen mit Wolfgang Flöttl, dem Sohn des vorherigen Bawag-Chefs, eine Milliarde Euro versenkt und dies vertuscht. Der ÖGB musste die Bank verkaufen, Käufer war eine Investorengruppe um den US-Fonds Cerberus. Der Schuldige am Desaster war rasch ausgemacht, der damalige Bank-Chef Helmut Elsner. Der heute 80-jährige Elsner wurde in einem der aufsehenerregendsten Strafprozesse der Republik wegen Untreue und Veruntreuung zu insgesamt neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Viereinhalb davon sass er in Haft, 2011 wurde ihm wegen seines Gesundheitszustandes Haftaufschub gewährt.

Flöttl war "sakrosankt"

Sein Credo ist bis heute unverändert: "Wolfgang Flöttl hat das Geld nicht verloren, sondern gestohlen", sagte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". (Die Zeitung identifiziert sich nicht mit diesem Vorwurf.)

Also kämpft er weiter, unverdrossen. Im Februar 2015 beantragte er die Wiederaufnahme des Strafverfahrens, im August lieferte sein Anwalt Andreas Stranzinger eine Ergänzung ans Wiener Straflandesgericht. Nun muss ein dreiköpfiger Richtersenat unter Leitung der Vizepräsidentin des sogenannten "Grauen Hauses", Eva Brachtel, darüber entscheiden. "Rechtlich bin ich überzeugt, dass die Wiederaufnahme durchgehen müsste, aber gibt es dahinter einen politischen Willen", fragt sich sein Anwalt.

Elsners Freispruch im Dezember 2015 gegen die Bawag um Rückzahlung seiner 6,8 Millionen-Pensionsabfertigung haben seine Chancen tatsächlich deutlich erhöht, meinen Rechtsexperten. Denn das Gericht stellte fest, dass nichts verheimlicht wurde und die Flöttl-Probleme mit dem damaligen Aufsichtsrats-Chef der bank erörtert worden waren.

Tatsächlich gibt es bis heute im Bawag-Skandal viele ungeklärte Fragen. Der in den USA lebende damalige Mitangeklagte Wolfgang Flöttl etwa bezeichnete sich im Prozess und dem seinerzeitigen Banken-Untersuchungsausschuss 2007 als "nahezu mittellos". Ende 2010 verkaufte er allerdings um kolportierte 23 Millionen Dollar eine Villa auf Long Island in New York, die ihm gemeinsam mit seiner Frau, Anne Eisenhower, gehörte. 2013 wurde Wolfgang Flöttl mit seiner Frau bei einem Promi-Bootsausflug in Palm Beach (Florida) fotografiert, was den Eindruck der Mittellosigkeit nicht eben förderte. Selbst der seinerzeit vom Gericht bestellte Gutachter konnte den Verbleib von etwa 150 Millionen Dollar nicht klären.

Was Elsner besonders wurmt: Im damaligen Strafprozess unter Leitung der kurz darauf von der ÖVP zur Justizministerin beförderten Richterin Claudia Bandion-Ortner wurde akzeptiert, dass Flöttl genaue Abrechnungen wegen eines Computerschadens "leider" nicht beibringen konnte. Nach seinen Angaben ging das Geld im Wesentlichen durch fehlgeschlagene Dollar/Yen-Spekulationen verloren. Tatsächlich fiel schon damals Prozessbeobachtern auf, dass der eigentliche Verursacher der Bawag-Verluste, Wolfgang Flöttl, vergleichsweise sanft angefasst wurde. Anwalt Stranzinger: "Dazu kommt auch ein späteres Justizverhalten, das schwer verständlich ist. So wurden Haftprüfungen abgelehnt, mit der Begründung eines vermuteten Fluchtfonds des Herrn Elsner. Der wurde bis heute nicht gefunden, weil es ihn auch nicht gibt. Und dass die zuständige Richterin unmittelbar nach dem Schuldspruch gegen meinen Mandanten in die Politik wechselt, ist von der Optik her katastrophal."

Überhaupt nicht aufgeklärt sind die Verbindungen, die zwischen Wolfgang Flöttl und Julius Meinl V., damals Chef der Meinl Bank, bestehen. Anne Eisenhower bezeichnete Meinl damals als "einen der besten Freunde meines Mannes." (2005 gab es zudem den berüchtigten Segelausflug auf der Yacht von Julius Meinl mit Flöttl sowie dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser.)

Die Refco-Pleite

Und ebenfalls unaufgeklärt sind von österreichischer Seite die Verbindungen von Wolfgang Flöttl zum pleitegegangenen Wertpapierhaus Refco, an dem bis 2004 die Bawag als auch der ÖGB beteiligt waren. Refco-Chef Bennett wurde in den USA 2006 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Flöttl hatte in den Jahren davor Transaktionen (mit Bawag-Geld) über Refco veranlagt.

Elsner vermutet im "WZ"-Gespräch (es gilt für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung), dass es auch schon da gefälschte Depotausweise gegeben haben könnte. Elsner: "Die vorliegenden US-Unterlagen zeigen außerdem, dass die spätere Bawag-Führung erst jene Unterlagen lieferte, die US-Behörden in die Lage versetzten, den Vergleich mit der Bawag zu verlangen." "Hillbillies" (Hinterwäldler) werden die ab 2006 verantwortlichen Bawag-Verantwortlichen in US-Dokumenten wörtlich genannt. Die mit 3,2 Milliarden Euro einen respektablen Verkaufspreis erreichten.