Weniger Wochenstunden: Arbeitgeber können nicht mit besserer Kinderbetreuung argumentieren.
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Seit 2004 haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach mindestens dreijähriger Dienstzeit einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit. Ausgenommen sind hiervon nur kleinere Betriebe (nicht mehr als 20 Arbeitnehmer).
Arbeitgeber können den Antritt der Elternteilzeit selbst nicht verhindern, sondern nur das gewünschte Ausmaß und die Lage der Arbeitszeit ablehnen. In diesem Fall sieht das Gesetz zunächst ein innerbetriebliches Verfahren unter (optionaler) Einbeziehung des Betriebsrats vor. Führt dies zu keiner Einigung, so muss der Arbeitgeber den Gerichtsweg beschreiten. Gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichts ist kein Rechtsmittel möglich.
Arbeitgeber haben mit der (kündigungsgeschützten) Elternteilzeit meist keine große Freude. Um die Teilzeit in der gewünschten Form zu ermöglichen, sind fast immer Anpassungen der Arbeitsorganisation nötig. Dabei finden sich die Arbeitgeber in einer ungeliebten Rolle: Sie müssen nämlich die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer bzw. das Gericht überzeugen, dass das gewünschte Ausmaß der Teilzeit oder ihre Verteilung auf die Wochentage aus betrieblichen Gründen unzumutbar ist.
Dazu kommt in der Praxis häufig ein weiteres Problem: In vielen Fällen schließt die Elternteilzeit an eine bis zu zweijährige Karenz an. Während dieser Zeit wird der Arbeitsplatz meist nachbesetzt, manchmal sogar ohne Befristung auf die Dauer der Karenz. In anderen Fällen wird der Arbeitsplatz im Zuge einer betrieblichen Reorganisation eingespart. Möchte ein Elternteil nach maximal zwei Jahren wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, so ist dieser daher häufig besetzt oder gar nicht mehr vorhanden.
Der Gesetzgeber hat diese Situationen bedacht und daher dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin auch kein Recht zur Rückkehr auf den vorherigen Arbeitsplatz eingeräumt. Der Arbeitgeber ist daher bloß verpflichtet, der/dem Rückkehrer/in einen adäquaten, vertragskonformen Arbeitsplatz anzubieten.
Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer ist eine Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung nur mit vorheriger gerichtlicher Zustimmung zulässig. Gerade in größeren Unternehmen stimmt jedoch das Gericht einer Kündigung aus betrieblichen Gründen selten zu. Der Arbeitgeber muss nämlich sogar einen Arbeitsplatz "freimachen", wenn dieser vom zurückkehrenden Elternteil besetzt werden könnte.
Was Ausmaß und Lage der Arbeitszeit betrifft, kann sich der Arbeitgeber übrigens nicht darauf berufen, dass eine geringere Arbeitszeit die Betreuung des Kindes erleichtere. In einem aktuellen Fall bot ein Arbeitgeber einer Dienstnehmerin statt der gewünschten 32 Wochenstunden bloß acht Stunden an. Die Mutter von zwei Kindern wollte hingegen auch wegen ihres erwerbslosen Ehegatten ein derart niedriges Stundenausmaß nicht akzeptieren. Aus rechtlicher Sicht kann der Arbeitgeber im Verfahren über die Ausgestaltung der Elternzeit nur betriebliche Interessen ins Treffen führen. Eine andere Sicht wäre nicht nur paternalistisch, sondern findet auch keine Stütze im Gesetz.
Andreas Tinhofer ist Partner in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte.
www.mosati.at