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Emanzipation als Zwangsentzug

Von Judith Belfkih

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Wofür so mancher digital gehetzte Europäer viel Geld in einem Bergressort ohne Netzempfang ausgibt, das bekommen die Einwohner von Papua-Neuguinea demnächst frei Haus: Der Staat schließt Facebook für einen ganzen Monat. Der Grund: Forschungszwecke. Die Regierung wolle, berichtet die Tageszeitung "Post Courier", die Ruhephase dazu nutzen, um sogenannte Fake Accounts herauszufiltern sowie Nutzer sperren zu lassen, die pornografische Inhalte teilen. Man wolle mit der Aktion zeigen, dass man den "Missbrauch von Facebook" nicht weiter dulde. Es solle nur "aufrichtigen Menschen mit echten Identitäten" erlaubt sein, "das Soziale Netzwerk verantwortungsvoll zu nutzen", wird Kommunikationsminister Sam Basil zitiert. Mit Hilfe des digitalen Entzugs sollen Experten auch beobachten, welche Auswirkungen die Nutzung von Facebook auf die Bevölkerung hat. Basil erwägt gar die Schaffung eines eigenen Sozialen Netzwerks für die Einwohner des Inselstaats. Anlass für den Schritt sind der Datenskandal rund um Cambridge Analytica und der vermutete Einfluss des Netzwerkes auf die US-Präsidentschaft.

Was der kleine Staat mit dieser Aktion zeigt: Es ist möglich, sich gegen die Vormacht der datenfressenden digitalen Riesen zur Wehr zu setzen, sich langfristig sogar zu emanzipieren. Dass die Aktion ein staatlich verordnetes Verbot ist, macht sie allerdings angreifbar - lässt aber auch die Vision einer viel mächtigeren Emanzipation aufflackern: die mündiger Bürger. Stell dir vor, es gibt Facebook und keiner loggt sich ein.