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Emanzipation in der Verteidigung

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die EU gibt sich eine Planungszelle für Militäreinsätze außerhalb der NATO. Das haben die Mitgliedsstaaten beim Europäischen Rat am Wochenende beschlossen.


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Die Europäische Union soll erstmals in ihrer Geschichte militärische Einsätze unabhängig von der NATO planen und führen können. Die NATO soll aber bei Militäreinsätzen Vorrang haben. Das nordatlantische Bündnis wird mit der EU-Zelle zur Planung und Führung militärischer Einsätze verbunden sein. Im Gegenzug soll die bereits bestehende EU-Planungszelle im militärischen NATO-Hauptquartier Shape eine permanente Einrichtung werden.

Am besten schon 2004 soll der bestehende EU-Militärstab in Brüssel durch die Planungszelle aufgestockt werden. Diese wird aber nur in Ausnahmefällen tätig.

Selbstverständlich ist das Vorhaben mit den USA abgesprochen, versicherte der britische Premier Tony Blair. Washington hatte den von Frankreich, Deutschland, Luxemburg und Belgien vorangetriebenen Plan heftig kritisiert. Eigene EU-Militärstrukturen würden die NATO untergraben.

Frankreichs Präsident Chirac betonte denn auch ausdrücklich, dass sich die militärische Planungszelle der Union "komplementär" zum Nordatlantikbündnis verstehe. Um jedoch gleichzeitig nicht ohne Pathos zu unterstreichen: "Das ist der Beginn von einem Europa der Verteidigung."

In der in Brüssel verabschiedeten Sicherheitsstrategie heißt es: "Eine Europäische Union, die größere Verantwortung übernimmt und sich aktiver einbringt, wird ein größeres politisches Gewicht besitzen." Tony Blair, ein treuer Verbündeter der US-Verteidigungspolitik, hat eine Vermittlerrolle zwischen Europa und Amerika offenbar nicht ohne Hintergedanken übernommen. Dem Vernehmen nach wollte Blair spezielle britische Interessen in der Verfassung durch weitere Einstimmigkeit abgesichert sehen. Um Londons Vetomöglichkeit in der Außen- und Verteidigungs- sowie in der Steuerpolitik braucht sich Blair bis auf weiteres jedoch nicht zu sorgen.

Tausche Planungszelle gegen Einstimmigkeit

Weitere Beschlüsse in Äußeren Angelegenheiten: Die EU-Grenzschutz-Agentur soll 2005 ihre Arbeit aufnehmen. Auf Wunsch von Frankreich, aber auch Deutschland soll die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China (nach dem Massaker am Tiananmen-Platz 1989) geprüft werden.