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Empörung auf der Insel

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig empört Österreich. Was irritiert, ist die unernste Wut darüber.


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Immerhin, es gibt noch Verbindendes in der ansonsten heillos verfehdeten österreichischen Politik. Schon weniger überraschend ist, dass es ein äußerer Gegner ist, der alle Parteien zum Schulterschluss bringt. Und gänzlich vorhersehbar ist, dass sich die Auseinandersetzung zum politischen Nullkostentarif führen lässt: Mit Interviews, noch mehr Appellen und Protesten.

Die Rede ist natürlich von der Taxonomieverordnung der EU-Kommission, die am Mittwoch formal beschlossen wurde und die auch die Energieproduktion aus Atomkraft und Gas dahingehend als klimafreundlich einstuft, dass beide unerlässlich seien, um die Klimaschutzziele der Union zu erreichen. Mit diesem Hebel will die Kommission sicherstellen, dass auch ausreichend privates Kapital in die Bewältigung dieser herkuleischen Aufgabe einer massiven Reduktion der CO2-Emission investiert wird.

Die Ablehnung der Atomkraft in Österreich ist authentisch und umschließt neben einer überwältigenden Mehrheit der Menschen auch Wissenschaft, Intellektuelle und das Gros der Medien. Abweichende Meinungen lassen sich nur mit der sprichwörtlichen Lupe finden. So gesehen ist es nicht nur legitim, sondern auch demokratiepolitisch geboten, dass die Politik dieser Überzeugung öffentlich Nachdruck verleiht. Zumal die mit der friedlichen Nutzung der Atomkraft einhergehenden Probleme, von den Risiken bis zur Endlagerung, hartnäckig ungelöst bleiben.

Der schale Beigeschmack ist der unernsten Wut geschuldet, mit der dieser aufgelegte Elfmeter für die Zwecke der Innenpolitik verwertet wird.

Es liegt in der Natur existenzieller Herausforderungen - und was, wenn nicht das Ziel einer Dekarbonisierung aller Produktions-, Konsum- und Mobilitätsstrukturen würde als solche zählen? -, dass sie sich nicht ohne Widersprüche und eigentlich unzumutbare Kompromisse bewältigen lassen. Wenn stimmt, was bis jetzt alle behaupten, dass die Menschheit bei der Reduktion der CO2-Emissionen keine Zeit verlieren darf, ist damit auch ein Urteil über die absehbare Nutzung der Atomkraft gesprochen. Das gilt auch für Gas für eine gewisse Übergangszeit, um die dreckigsten Energieträger so schnell wie möglich abzudrehen.

Verantwortungsträger, die diesen Umbau auf europäischer und globaler Ebene vorantreiben wollen und müssen, sind sich dieser Dilemmata bewusst. Das Glück einer widerspruchsfreien Entscheidung ist ihnen nicht gegönnt. Anders als das kleine Österreich können sie nicht so tun, als lebten sie auf einer Insel. Wir sollten diesen Schein nur nicht für die Wirklichkeit halten.